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DIE LOBBY DER TABAKINDUSTRIE VERLIERT AN EINFLUSSKleine Geschenke für große Probleme

Erst verabredet eine Mehrheit von Bundesländern scharfe Rauchverbote in Gaststätten, dann wird die qualmfreundliche FDP in Baden-Württembergs Regierung niedergemacht, und nun wackelt auch noch das sicher geglaubte Niedersachsen. Gerade diese letzte Entwicklung zeigt: Die Zigarettenunternehmen erleiden eine verheerende Niederlage in ihrem politischen Abwehrkampf.

Eigentlich sind es ziemlich geringe Beträge, wegen denen Christian Wulff und seine Landesregierung unter Druck geraten. Ein paar tausend Euro für Sommerfeste werden von Politikern und Journalisten plötzlich angeprangert, als sei der niedersächsische Ministerpräsident Minuten vor der entscheidenden Kabinettssitzung mit einem Geldkoffer von der Toilette gekommen. Geld von der Industrie! Käuflichkeit!

Dies ist natürlich übertrieben, denn die Tabakkonzerne arbeiten feingliedriger und subtil. Spenden, Ehrungen und Einladungen streuen sie breit. Sie tun Gutes für findige Nachwuchsforscher, exzellente Journalisten und tatendurstige Studenten.

Tabak sorgt für die Seinen, so nennt Christopher Buckley dieses Prinzip in seinem Roman „Thank you for smoking“. Oberstes Ziel ist es nicht, eine unmittelbare Gegenleistung zu erhalten, sondern sich in der Mitte der Gesellschaft zu präsentieren: Was macht Ihr Sohn? Wie war der Urlaub? Haben Sie Lust, in unserer Jury mitzuwirken? In Hannover, Berlin und anderswo wird eine große Familie gepflegt – und in der Familie hilft man sich.

Doch nun muss jeder Politiker, der sein Fest mit einem noch so kleinen Betrag sponsern lässt, fürchten, dass er als Kumpan einer bösartigen Industrie gebrandmarkt wird. Für die Strategie der Tabakfirmen ist das tödlich.

Über die Auseinandersetzungen ums Rauchen hinaus dürfte diese Entwicklung aber leider nur wenig bringen. Viele andere Interessenverbände arbeiten nach denselben Prinzipien wie die Zigarettenindustrie. Doch Spenden, Einladungen und Ehrungen von anderen Lobbyisten werden Politiker und Journalisten weiter gerne annehmen. Ist ja schließlich kein Tabak. GEORG LÖWISCH

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