DER RECHTE RANDWAS IN SÜDNIEDERSACHSEN MOTORRAD-ROCKER UND NEONAZIS EINT: Horsts Angels
Der Umzug ist lange geplant. Am 28. Februar kommenden Jahres will Mario Messerschmidt, Bundesvorstandsmitglied der Partei „Die Rechte“, Gleichgesinnte vor einem Ehrenmal auf dem Friedhof des niedersächsischen Güntersen aufmarschieren lassen – im Gedenken an den ehemaligen SA-Führer Horst Wessel. „Güntersen wird durch eine konzertierte Aktion der Hells Angels und Neonazis in die Zange genommen“, sagt der Grünen-Bürgermeister Günter Hasselmann: Viele in dem 740-Einwohner-Ortsteil von Adelebsen stört, dass wiederholt „Hells Angels“ im örtlichen Landgasthof einkehrten.
Am 30. August erst trafen sich rund 120 Rockerclub-Anhänger in Güntersen. In Adelebsen selbst hat Antonio M., früher aktiv bei der verbotenen „Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands“, einen Box-Club eröffnet. In Göttingen hatte M. vor Jahren zusammen mit Messerschmidt versucht, eine Tabledance-Bar zu eröffnen. Der Erfolg blieb aus, wegen des antifaschistischen Protests, aber auch wegen interner Streitereien – diese mündeten sogar in Schießereien: Am 30. November 2008 kam Messerschmidt, schon fest in der regionalen Rechtsaußen-Szene verankert, in das Etablissement: betrunken und bewaffnet mit einer Pumpgun. Irgendwann schoss er auf den Barbetreiber, traf aber nicht. Im Jahr darauf gaben sich beide vor dem Landgericht Göttingen wieder demonstrativ einträchtig, und Messerschmidt quittierte das Urteil – fünf Jahre Haft – mit den Worten: „Ist okay.“ Im Publikum waren Braune und Rotlicht-Szene kaum zu unterscheiden.
Nach der Haftstrafe zog Messerschmidt in diesem Jahr nach Adelebsen, und längst laufen gegen ihn Verfahren wegen Bedrohung und Beleidigung. Der „Roten Hilfe“ hat er schriftlich gedroht, aber auch dem Ordnungsamt, das ihm den Besitz von Waffen untersagte. Eine rechtliche Prüfung des Horst-Wessel-Marsches läuft.
Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland
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