: Breites Bollwerk gegen die Brücke
Ein Bündnis von CDU bis Linkspartei, Gewerkschaften und Naturschützern: Aus Angst vor Einbußen im Tourismus und dem Verlust von Arbeitsplätzen stellt sich die gesamte Insel Fehmarn gegen eine feste Querung der Wasserstraße
Bernd Friedrichs ist zufrieden: „Der Widerstand wächst“, frohlockt der Betriebsrat der Fährreederei Scandlines. Eine Resolution gegen den Bau einer festen Brücke über den Fehmarnbelt wurde am Dienstagabend auf der Ostseeinsel verabschiedet – einstimmig und von einem „sehr heterogenen Kreis“, wie Ingo Ludwichowski vom schleswig-holsteinischen Naturschutzbund (NABU) betont.
CDU, SPD, Grüne und Freie Wähler auf Fehmarn saßen da ebenso am Konferenztisch wie der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Lutz Heilmann, Fehmarns Bürgermeister Otto-Uwe Schmiedt und sein Tourismusdirektor Rolf Harenberg. Der Betriebsrat von Scandlines und die Eisenbahner-Gewerkschaft Transnet waren vertreten, das Aktionsbündnis gegen die Fehmarnbelt-Querung sowieso, der NABU, der Bund für Umwelt, der Naturschutz Deutschland (BUND) und vier weitere Naturschutzvereine, dazu Vertreter des Kreistages Ostholstein: Die „inhaltliche Geschlossenheit“ der mehr als 30 TeilnehmerInnen sei „ein wichtiges Signal“ an die Regierungen in Kiel und Berlin, glaubt Ludwichowski.
Die Brücke würde über 1.200 Arbeitsplätze bei der Reederei und im Tourismus gefährden und das Image Fehmarns als „Ferieninsel“ schädigen, heißt es in der Resolution. Zudem würden „jahrelanger Bau- und Verkehrslärm“ sowie die „verheerende Optik“ von Brücke und kilometerlangen Zufahrtsdämmen vom Freizeit- und Erholungswert nicht viel übrig lassen. Befürchtet werden zudem schwere Beeinträchtigungen für Land- und Wasservögel auf der „Vogelfluglinie“, einer der wichtigsten Zugrouten weltweit.
Auch „irreparable Umweltschäden“ an Flora und Fauna der Ostsee, „klimapolitische Kontraproduktivität“ wegen der Erhöhung von CO2-Emissionen durch den Auto- und LKW-Verkehr sowie die steigende Gefahr von Schiffsunfällen werden in der Resolution kritisiert. Der Fehmarnbelt ist mit etwa 60.000 Passagen die Hauptstrecke zwischen Ostsee, Nordsee und Nord-Ostsee-Kanal, die meistbefahrene Wasserstraße der Welt.
„Die Summe dieser ökologischen und ökonomischen Argumente“, hofft Jürgen Boos vom Fehmarner Aktionsbündnis, sollte der Politik deutlich machen „wie überflüssig und gefährlich das Projekt ist.“
Eine Entscheidung über den Bau der etwa 20 Kilometer langen mautpflichtigen Brücke wird in den nächsten Wochen erwartet. Voraussetzung ist die Zustimmung des dänischen Parlaments zu einem Investitionsplan, der vor zwei Monaten mit der Bundesregierung verabredet wurde. Danach müsste Dänemark die Kosten von etwa 5,5 Milliarden Euro fast gänzlich alleine tragen oder die Investitionen und Einnahmerisiken der Betreibergesellschaft mit Staatsbürgschaften absichern.
Der Bund hat sich, anders als die CDU-SPD-Landesregierung in Kiel, skeptisch über das Projekt geäußert und möchte möglichst keinen Cent dazuzahlen. Ein Zuschuss von der Europäischen Union ist ebenfalls noch unsicher: Die Aussichten für die Brückengegner sind nicht schlecht. Sven-Michael Veit
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