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Betrugsvorwürfe gegen Sudans Regierung

UN-Experten kritisieren Luftangriffe in Darfur. Sudans Präsident relativiert Zusage, UN-Soldaten nach Darfur zu lassen

BERLIN taz ■ Sudans Regierung setzt ihren Krieg in der Region Darfur unter Bruch des geltenden UN-Waffenembargos und mit Täuschungsmitteln fort. Diesen Vorwurf erhebt die UN-Expertenkommission, die das gegen Sudan geltende Teilembargo überwacht, in einem Bericht, dessen Rohfassung der New York Times zugespielt worden und von dieser im Internet veröffentlicht worden ist. Der Bericht beweist mit Fotos, dass Sudans Militär Kampfhubschrauber und Antonow-Flugzeuge in der UN-Farbe Weiß streicht und teils sogar mit den Buchstaben „UN“ versieht, um damit Luftangriffe in Darfur durchzuführen. Es habe über 100 Vorfälle zwischen Oktober und Februar gegeben.

Auch das Waffenembargo werde gebrochen, und zwar von allen Kriegsparteien in Darfur. „Waffen, vor allem Artillerie, Kleinwaffen, Munition und andere Rüstungsgüter fließen weiterhin nach Darfur aus anderen Teilen des Sudans und Nachbarländern“, so die UN-Experten. „Die Schließung aller Flughäfen in Darfur für nichtmilitärische Nutzer während der Nacht und zuweilen während des Tages durch Sudans Regierung macht es unmöglich, verdächtige Flugladungen zu überprüfen.“ Sudans Regierung rüste auch Rebellen im Tschad auf.

UNO und AU (Afrikanische Union) gaben zu dem Bericht zunächst keine Stellungnahme ab. Ein Offizier der AU-Truppe in Darfur sagte in Norddarfurs Hauptstadt El Fasher, es habe in den letzten Monaten einen massiven Zustrom von Regierungssoldaten und Milizionären gegeben. „Die sudanesischen Truppenverlagerungen sind so zahlreich, dass wir aufgehört haben zu zählen“, sagte er gegenüber einer Nachrichtenagentur.

Die Veröffentlichung des Berichts erfolgt zu einem Zeitpunkt, wo die Regierungen der USA und Großbritanniens erneut ihren Druck erhöhen, um den UN-Sicherheitsrat zu schärferen Sanktionen gegen Sudans Regierung zu bewegen. Darüber sollten gestern Beratungen im Sicherheitsrat beginnen. Wegen der ablehnenden Haltung Frankreichs, Russlands und Chinas ist eine Sanktionsresolution wegen Darfur nicht in Sicht.

Doch in den USA mehren sich zugleich die Stimmen, die ein militärisches Eingreifen fordern. US-Präsident George W. Bush hielt am Mittwoch eine Rede zu Darfur im Holocaust-Museum in Washington, in der er einen direkten Vergleich zwischen dem Holocaust an den Juden und dem „Übel“ in Sudan zog. „Unsere Geduld ist begrenzt“, sagte Bush. „Wenn (Sudans) Präsident Bashir seinen Verpflichtungen gegenüber den USA nicht nachkommt, werden wir handeln. Die Welt weiß Bescheid, und die Welt sieht zu. Und jetzt muss die Welt handeln.“

Als Testfall gilt zunächst die Umsetzung der jüngsten Zusage der sudanesischen Regierung, 3.000 UN-Soldaten in die bestehende Friedenstruppe der Afrikanischen Union in Darfur zu integrieren. Dies hatte Sudans Regierung nach Angaben des sudanesischen Außenministers Lam Akol am Montag schriftlich zugesichert. Heute ist am UN-Hauptquartier in New York eine erste Truppenstellerkonferenz geplant. Bisher gibt es erst eine unverbindliche Zusage aus Nigeria für 800 Soldaten.

Doch am Mittwoch sagte Sudans Präsident Omar Hassan el-Beshir gegenüber US-Journalisten in der Hauptstadt Khartum, man habe lediglich der Entsendung einer „unterstützenden Truppe von Technikern und Ingenieuren der UNO“ zugestimmt. Außerdem werde das Kommando bei der AU bleiben – in den entsprechenden Vereinbarungen zwischen AU und UNO ist von einem gemischten Kommando die Rede. Das Mandat der AU-Truppe in Darfur läuft im Juni aus, und weitere internationale Finanzierung für die Mission ist bisher nicht gesichert.

DOMINIC JOHNSON

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