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DER RECHTE RANDWie ein NPD-Landesverband sich Biederkeit verordnetWölfe im Bürgerpelz

Gegenkandidaten gab es keine. In Northeim bestimmte die niedersächsische NPD am vergangenen Wochenende Christian Berisha zum Landesvorsitzenden. Sein Vorgänger, der 71-jährige Adolf Dammann übergab den Posten gerne. Ein Generationswechsel, von dem sich der Landesverband mit seinen rund 500 Mitgliedern mehr Dynamik verspricht.

Seine Parteifreunde schwor Berisha auf die kommende Kommunalwahl ein und stellte eine neue Kampagne namens „ohneNPD“ vor. Damit soll der 44-Jährige, der gern mit gegelter Kurzhaarfrisur und lässigem Chic auftritt, sehr gut angekommen sein: Bis zur Wahl im September will die Partei den Bürgern „verdeutlichen, was es bedeute“, wenn keine Partei sich „uneingeschränkt zuerst für deutsche Interessen“ einsetze. Vor allem Familien und alleinerziehende Mütter sollen angesprochen werden.

Im Lüneburger Kreistag tritt Berisha, selbst mehrfacher Vater, schon länger betont harmlos auf. Umso überraschender: Früher war er Spendenbeauftragter der inzwischen verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“. Kaum radikal kommt daher, was er im Internet als „politisches Ziel“ verbreitet: „Ich möchte meinen Kindern als zukünftige steuerzahlende Bürger eine schuldenfreie Zukunft in diesem Staat ermöglichen.“ Berisha hat einen „Leitfaden für NPD-Kommunalpolitiker und Mandatsträger bei der öffentlichen politischen Arbeit“ veröffentlicht. Darin empfiehlt er, „Szene-Sprache“ zu meiden und „Szeneklamotten“ nur bei „geschlossenen Veranstaltungen“ zu tragen.

Bei all diesen Bemühungen verlässt Berisha sich aber auf einschlägiges Personal: In den Landesvorstand sind erneut Kader aus radikalen Kameradschaften und verbotenen Gruppen gerückt – und so mancher hat Berishas Lektionen offenbar beherzigt: Matthias Beehrens etwa, Kopf der „Snevern Jungs“ und NPD-Landesvize, trägt statt Glatze Haare auf dem Kopf.

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

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