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Telekom-Kunden fliehen in Scharen

Fast 590.000 Festnetzanschlüsse gingen seit Jahresbeginn verloren. Ver.di sieht „Strukturproblem“ beim Service

„Die Kunden wollen nicht verhätschelt werden. Sie wollen, dass ein Tarifwechsel funktioniert“

BERLIN taz ■ Die Telekom verliert immer mehr Kunden in Deutschland. Allein in diesem Jahr gingen 588.000 Festnetzanschlüsse verloren, teilte das Bonner Unternehmen gestern mit. Zwar stieg der Umsatz im ersten Quartal wegen des guten Auslandsgeschäfts im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 Prozent auf 15,5 Milliarden Euro. In Deutschland fiel er jedoch um 5,1 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro.

Grund für den Rückgang der Kundenzahl sei, dass die Telekom andere Anbieter nur schwer preislich unterbieten könne, sagte Andreas Leigers, Pressesprecher der Telekom in Bonn. Der Konzern wolle sich aber den Preisen der Wettbewerber auf dem Markt annähern und so das Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zur Konkurrenz verbessern. „Wir kämpfen um jeden Kunden“, so Leigers.

Um den Service zu verbessern, müssten die Arbeitszeiten der Mitarbeiter den Bedürfnissen der Konsumenten angepasst werden. Zudem sollen die Probleme der Kunden in Zukunft gleich im ersten Anlauf behoben werden, statt in der Warteschleife zu versickern.

Darüber würde sich Bernd Ruschinzik von der Verbraucherzentrale Berlin sicherlich freuen. Die Telekom habe ihren Service über Jahre schleifen lassen. „Da wird bei Problemen nicht auf die Kunden eingegangen“, kritisierte der Jurist. Die Kunden fühlten sich häufig allein gelassen und seien verunsichert. Seine Erfahrung zeige, dass Reklamationen von Kunden teilweise über Wochen nicht bearbeitet werden. Für Ruschinzik ist dies ein Zeichen für die Überforderung der Telekom-Mitarbeiter. So vermittle der Konzern den Kunden den Eindruck, dass überhaupt nichts mehr klappt. „Der Kunde möchte von der Telekom ja nicht verhätschelt werden. Er will nur, dass es funktioniert, wenn er den Tarif wechselt.“

Die Dienstleistungsgesellschaft Ver.di vermutet zusätzlich zum Kundenservice ein internes Strukturproblem. Es werde den Kunden sehr schwer gemacht, Leistungen aus einer Hand zu bekommen, sagte Harald Reutter, Sprecher des Ver.di-Bundesvorstands. Die Konsumenten hätten große Schwierigkeiten, bei den verschiedenen Abteilungen wie T-Com, T-Mobile und T-Online überhaupt durchzusteigen.

SIMONE MIESNER

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