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Scheiden macht glücklich

In seltener Einmütigkeit begrüßen Aktionäre, Arbeitnehmer und Management die Trennung von Daimler und Chrysler

VON STEPHAN KOSCH

Am Valentinstag wurde die Scheidung vorbereitet, gestern wurde sie verkündet: Die vor neun Jahren als „Ehe im Himmel“ geschlossene Fusion von Daimler-Benz und Chrysler wird wieder gelöst. Der US-Finanzinvestor Cerberus übernimmt den angeschlagenen US-Konzern. DaimlerChrysler soll demnächst nur noch „Daimler AG“ heißen. Nur drei Monate nachdem Daimler-Chef Dieter Zetsche erstmals öffentlich über einen Verkauf nachgedacht hat, verkündete er gestern das endgültige Ende der Welt AG. Die Trennung bedeutet für Daimler zwar noch einmal zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe, doch das kümmert Zetsche ebenso wenig wie die Finanzmärkte: Die Aktien von DaimlerChrysler stiegen nach Bekanntgabe des Verkaufs um 8 Prozent.

Der Deal im Einzelnen: Chrysler wird in ein eigenes Unternehmen ausgelagert, an dem der Finanzinvestor Cerberus 80,1 Prozent hält. Daimler übernimmt den Rest von 19,9 Prozent. Für seinen Anteil zahlt Cerberus 5,5 Milliarden Euro. Von denen bekommt Daimler aber nur eine Milliarde, der Rest geht als Eigenkapital in das neue Unternehmen. Auch die langfristigen Verpflichtungen aus Pensionskrankenversicherungen übernimmt Chrysler. Weil Cerberus aber ein schuldenfreies Unternehmen kaufen will, gleicht Daimler das momentane Defizit von 1,2 Milliarden Euro aus, übernimmt zudem 650 Millionen Euro an Schulden und gibt dem neuen Unternehmen noch ein Darlehen von 300 Millionen Euro. Alles in allem wird der Verkauf die wieder verkleinerten Daimler AG in diesem Jahr 3 bis 4 Milliarden Euro kosten. Nur zu Erinnerung: Chrysler war bei der Übernahme durch Daimler rund 36 Milliarden US Dollar wert.

Dennoch verkaufte Zetsche die Transaktion als Erfolg: „Die Risiken sind ausgeschaltet“, sagte er mit Blick auf die Verluste, mit denen Chrysler immer wieder den satten Profit der anderen Sparten, allen voran der Mercedes Car Group, gedrückt hat. Zwischenzeitlich hatte der jetzige Konzernchef zwar 26.000 Stellen bei Chrysler gestrichen und so für schwarze Zahlen gesorgt, die einmal sogar Verluste bei Mercedes wettmachten. Doch kurz nachdem Zetsche den Chefposten von Jürgen Schrempp übernommen hatte, zeigte sich die Kurzfristigkeit des Erfolgs. Chrysler hatte nicht damit gerechnet, dass die US-Kundschaft auf die steigenden Spritpreisen reagieren würde und sparsame Autos haben wollte. Chryslers Produktpalette mit seinen spritdurstigen Pick-ups und Geländewagen verkauften sich nicht mehr. 2006 machte Chrysler 1,1 Milliarden Euro Miese und kündigte im Februar die Streichung von 13.000 weiteren Jobs an.

Daran soll sich nichts ändern, sagte Chrysler-Chef Tom LaSorda gestern. Es sollen aber auch keine zusätzlichen Jobs wegfallen. Daimler-Chef Zetsche wollte nicht ganz so weit mit seinen Zusagen gehen. Die Trennung von Chrysler wird keinen personellen Kahlschlag zur Folge haben. Es könne höchstens zu „kleineren Anpassungen“ kommen.

Dennoch sind auch die Gewerkschaften auf beiden Seiten des Atlantiks von dem Deal überzeugt: „Die nordamerikanische Automobilarbeiter-Gewerkschaft UAW und die deutschen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erklären übereinstimmend, dass sie den Vertrag mit Cerberus in der Sitzung des Aufsichtsrats am Mittwoch dieser Woche akzeptieren werden“, hieß es gestern in einer Erklärung der Arbeitnehmer. Entscheidend sei gewesen, dass sich UAW-Präsident Ron Gettelfinger zufrieden mit dem Verkauf an Cerberus gezeigt habe, sagte Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm.

Ursprünglich war die UAW (United Auto Workers) gegen den Verkauf an einen Finanzinvestor gewesen und hatte den kanadischen Autozulieferer Magna favorisiert. Offenbar hat aber der frühere US-Finanzminister John Snow, mittlerweile Verwaltungsratschef bei Cerberus, Gettelfinger noch überzeugen können. Auch gestern sprach er vom „Respekt vor Arbeitnehmern“ und „langfristigem Wohl der Belegschaft“. Die Mitarbeiter könnten sich nun wieder ohne ständige Rücksicht auf öffentliche Quartals- und Analystenberichte auf ihre Arbeit konzentrieren. Ein Finanzinvestor, der langfristiger denkt als die Börse? „Unser Kapital ist Geduld“ – sagte Snow. Man würde ihm gern glauben.

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