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„Er war mehr Tiger“

VORTRAG Sinologe Felix Wemheuer erklärt die Schwierigkeit, eine Mao-Biografie zu schreiben

Felix Wemheuer

■ 37, Sinologe, Professor für moderne China-Studien an der Uni Köln.

taz: Herr Wemheuer, wie schreibt man Mao-Biografien?

Felix Wemheuer: Mao ist sehr vielschichtig und widersprüchlich: Viele Menschen sind unter seiner Herrschaft umgekommen. Aber er ist auch der Begründer des „neuen Chinas“, hat die Industrialisierung vorangetrieben und das Bildungs und Gesundheitswesen reformiert.

Wie haben Sie das unter einen Hut bekommen?

Mao hat einmal über sich selbst gesagt: „In mir steckt ein Tiger und ein Affe.“ In China steht der Tiger für imperiale Macht, der Affe ist der freche Rebell. Vor diesem Bild kann man verdeutlichen, warum Mao 1966 die Massen zur Rebellion aufrief. Honecker und Stalin hätten so etwas nie getan. Später hat er jedoch die Ordnung mit Repressionen wiederhergestellt. Insgesamt war er dann doch mehr Tiger.

Wie haben Zeitzeugen Ihre Sicht beeinflusst?

Interviews mit Bauern der Provinz Henan zu der Hungersnot von 1959 bis 1961 waren für mich ein einschneidendes Erlebnis – das schlimmste Ereignis im ihrem Leben. Sie tragen dazu bei, die nirgends verbriefte Sicht der Marginalisierten aufzuwerfen.

Wie gehen die mit Mao um?

Ebenso ambivalent: Es herrscht eine Mischung aus Schweigen und Besessenheit – einige reden nicht darüber, andere zwölf Stunden lang. Heute berufen sich sowohl Machtführer als auch Demonstranten auf Mao.  INTERVIEW: GJO

Vortrag: 19 Uhr, Übersee-Museum

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