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Schwarze Flecken auf Kouchners weißer Weste

Bernard Kouchner gilt als entschiedener Verfechter humanitärer Interventionen. Weit weniger bekannt sind die Dienste des heutigen Außenministers für Afrikas autokratische Herrscher und den französischen Ölkonzern Total

BERLIN/BRÜSSEL taz ■ Bernard Kouchner ist international vor allem für sein humanitäres Engagement bekannt, als Gründer von Ärzte ohne Grenzen und als entschiedener Verfechter militärischer Interventionen zum Schutz von Zivilisten vor Massakern. Aber den Ruf als Vorkämpfer der Wehrlosen nehmen ihm nicht alle ab. „Er gehört zu denen, die einen gewissen Lebensstandard zu bewahren haben, auch unter dem Risiko, manche ihrer Werte zu vergessen“, urteilt der einstige Präsidentschaftskandidat der französischen Grünen, Noël Mamère, über seinen neuen Außenminister.

Das gilt vor allem in Afrika, wie letztes Jahr der Informationsbrief La Lettre du Continent und dieses Jahr der Journalist Vincent Hugeux in seinem Buch „Les Sorciers blancs“ – „Die falschen französischen Freunde Afrikas“ berichtet. Danach war Kouchner für zwei der etabliertesten Autokraten Afrikas als Berater tätig: Omar Bongo in Gabun, der bei ihm einen Bericht zur Lage des Gesundheitssystems in seinem Land in Auftrag gab, und Denis Sassou-Nguesso in Kongo-Brazzaville, der das Gleiche bestellte und dazu 2006 eine Studie über Afrika und die Vogelgrippe. Bongo und Sassou-Nguesso gehören zu den engsten Verbündeten Frankreichs in Afrika und stehen wegen Korruption im Ölexport am Pranger.

Schon 2003 war Kouchner in die Kritik geraten, als er für 25.000 Euro im Auftrag des französischen Ölkonzerns Total in Birma arbeitete, um diesen von seinem Image reinzuwaschen, das stark angekratzt war wegen Vorwürfen, er habe an Birmas Militärjunta Waffen geliefert und Zwangsarbeiter eingesetzt. Kouchners Bericht wies diese Vorwürfe sämtlich zurück. Wie Vincent Hugeux zu all diesen Affären schreibt: „Die Zeit, wo der freche Kouchner den Zairer Mobutu als ‚wandelnden Tresor mit Leopardenfellmütze‘ denunzieren konnte, sind lange vorbei.“

Was „humanitäre Militärinterventionen“ angeht, hat Kouchner nicht nur wegen seines Eintretens für den Irakkrieg 2003 ein Problem. Die letzte massive „humanitäre Militärintervention“ Frankreichs in Afrika fand 1994 in Ruanda statt, als gegen Ende des Völkermords, bei dem über 800.000 Menschen starben, die französische Armee den Südwesten Ruandas besetzte, von den Völkermordmilizen freudig als Verbündeter begrüßt wurde und die Evakuierung der Mörder nach Zaire absicherte. Kouchner war einer derjenigen, die den damaligen Staatschef Mitterrand zu dieser höchst umstrittenen Operation geraten hatten. „Es wäre gut, eine Erklärung abzugeben, wonach wir die Vergangenheit bedauern und in Zukunft in Ruanda nur noch humanitäre Operationen durchführen“, soll Kouchner dem Élysée-Palast damals geraten haben, heißt es in einer Aktennotiz des damaligen Mitterrand-Generalsekretärs Hubert Védrine vom Juni 1994.

Sein eigenes Bedauern äußerte Kouchner dazu erst 2006, als er in einem TV-Dokumentation zugab, er habe sich 1994 nicht vorstellen können, dass die Militäroperation die für den Völkermord Verantwortlichen schützen werde. Der damalige Außenminister Alain Juppé ist übrigens heute als Umweltminister Kouchners Kollege im neuen Kabinett. Frankreich ist noch lange nicht aus der Schattenseite seiner Interventionsgeschichte in Afrika herausgetreten.

FRANÇOIS MISSER DOMINIC JOHNSON

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