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Keine Chemie mehr

Bayer zieht sich aus der Spitzensportförderung zurück. Einzig Bundesligist Leverkusen erhält noch Finanzspritzen

BERLIN taz ■ „Mama Bayer“, das war Jahrzehnte lang ein geflügeltes Wort unter deutschen Sportlern, die sich mit den Fördermitteln des Chemiekonzerns eine Lebensgrundlage schaffen konnten. Ob Ulrike Meyfarth, Heike Henkel oder aktuell Speerwerferin Steffi Nerius und Schwimmerin Sarah Poewe – die von Bayer geförderten Leistungssportler errangen immer wieder Medaillen bei großen Ereignissen. Damit ist es bald vorbei. Wie der Konzern bekannt gab, wird die Spitzensportförderung des Unternehmens in den Disziplinen Basketball, Volleyball und Handball zum Ende der Saison 2007/08 eingestellt. Für die erfolgreichen Leichtathleten ist 2009, nach der WM in Berlin, Schluss mit der Unterstützung.

„Der Werbewert der genannten Sportarten ist einfach zu gering, das Engagement ist Investoren nicht mehr vermittelbar“, sagt Unternehmenssprecher Michael Schade. Die eingesparten Mittel für das Sponsoring belaufen sich auf weniger als 5 Millionen Euro pro Jahr. Man will sich in Zukunft auf die Profi-Fußballer von Bayer Leverkusen konzentrieren. Diese werden zurzeit mit etwa 25 Millionen Euro unterstützt und hätten mit 15 Europa-Cup-Teilnahmen in den letzten 20 Jahren den Bekanntheitsgrad der Marke Bayer auf der ganzen Welt erhöht. Daher soll die BayArena auf 30.000 Sitzplätze erweitert werden. Hierfür sind 56 Millionen Euro veranschlagt.

Schade betont, dass die eingesparten Fördermittel jedoch nicht dem Gewinn der Bayer AG zugeführt, sondern in Bildungs- und Jugendprojekte umgeschichtet werden. Corporate Responsibility heißt der Zauberbegriff, der Shareholdern das Engagement schmackhaft machen soll. Vor allem Schulen sollen die Gelder zugute kommen.

An Schulen engagieren sich die Bayer Giants Leverkusen, das Basketball-Bundesliga Team, schon seit längerem. Es gibt eine Schulliga, in der die Profis immer wieder coachen oder mitspielen. Auch an den Grundschulen ist man präsent. Aktivitäten, die nun in Frage gestellt seien, wie Otto Reintjes, Abteilungsleiter der Baskeballer, anmerkt. Darüber hinaus ist jedoch von Reintjes wie auch aus den anderen betroffenen Vereinen in Wuppertal (Volleyball) und Dormagen (Handball) wenig Kritik an den Bayer-Plänen zu hören. Man scheint vor allem dankbar für die 14 Monate Schonfrist zu sein und will diese nicht auch noch aufs Spiel setzen.

Reintjes ist zudem zuversichtlich, dass der Basketball in Leverkusen nicht kaputtgehe. „Die Breiten- und Jugendsport-Förderung von Bayer wird ja aufrechterhalten.“ Mit jährlich 14 Millionen Euro für 27 Vereine ist Bayer der größte private Breitensport-Förderer in Deutschland.

Für die Vereine ist nun intensive Sponsorensuche angesagt. „Unser Problem ist dabei nicht die Konkurrenz der anderen Basketball-Teams im Rheinland, sondern die absolute Fokussierung der Öffentlichkeit auf den Fußball. Im frei empfangbaren Fernsehen gibt es schon seit Jahren keine Basketball-Bundesliga“, sagt Reintjes.

Aber selbst für einen Fußballverein ist es sehr schwierig, einen Wegfall jahrzehntelanger Sponsor-Strukturen zu verkraften. Der KFC Uerdingen, ehemals Bayer Uerdingen, verlor den potenten Chemieriesen Mitte der Neunzigerjahre als Mäzen. Heute dümpelt der ehemalige Europa-Cup-Teilnehmer in der Oberliga Nordrhein. Ein warnendes Beispiel für das, was auf Dormagen, Wuppertal und den Leverkusener Basketball zukommen könnte? Die Kinder müssen jetzt flügge werden, Mama entlässt sie in die Freiheit. DENNIS KAZOOBA

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