: Fünf Jahre Haft für Exmanager
KIKA-PROZESS Wegen Untreue und Bestechlichkeit verurteilt das Landgericht Erfurt den früheren Herstellungsleiter des ARD/ZDF-Kinderkanals
ERFURT epd/dpa | Im Prozess um den Betrugsskandal beim Kinderkanal (Kika) ist der frühere Herstellungsleiter wegen Untreue und Bestechlichkeit zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Der Angeklagte habe über einen Zeitraum von fünf Jahren 4,6 Millionen Euro aus dem Etat des Kika abgezweigt und an eine Produktionsfirma überwiesen, ohne dass diesen Scheinaufträgen tatsächlich erbrachte Leistungen gegenübergestanden hätten, urteilte das Landgericht Erfurt am Dienstag. Von den 4,6 Millionen Euro sei mindestens die Hälfte an den damaligen Herstellungsleiter zurückgeflossen. Der MDR geht seit 2002 sogar von einem Schaden von 8,2 Millionen Euro aus. Die Fälle vor 2005 sind juristisch jedoch verjährt.
Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre und acht Monate Haft gefordert. Die Verteidigung plädierte auf eine Strafe von höchstens dreieinhalb Jahren.
Der Vorsitzende Richter Thomas Schneider sagte, der Angeklagte habe sich diese Taten ausgedacht. Er habe viel Geschick darauf verwandt, dafür zu sorgen, dass sie nicht auffliegen. Rechtlich handele es sich um einen besonders schweren Fall der Untreue. Die Taten hätten einen sehr hohen Schaden angerichtet und seien über Jahre hinweg begangen worden. Zugunsten des Angeklagten spreche, dass er ein glaubhaftes Geständnis abgelegt habe, sagte Schneider. Ein Gutachter habe ihm zudem wegen seiner Spielsucht verminderte Steuerungsfähigkeit bescheinigt. Der Vorsitzende Richter führte aus, es habe zwar begünstigende Faktoren wie etwa fehlende Kontrollen beim Kika und beim federführenden MDR gegeben, doch die Verantwortlichkeit liege bei dem früheren Herstellungsleiter. Ob es im Kinderkanal „Helfer gab, Mitwisser oder Weggucker, können wir nicht beurteilen“, sagte Schneider.
Verteidigerin Doris Dierbach gab dem MDR eine erhebliche Mitschuld: Es habe faktisch kein internes Kontrollsystem gegeben, kritisierte sie in ihrem Schlusswort. Auch Staatsanwalt Frank Riemann erklärte, Schwachstellen bei internen Kontrollen und die Strukturen beim Kika hätten die kriminellen Machenschaften begünstigt.
„Das Spielen hat meine wirtschaftliche Existenz ruiniert“, sagte der Verurteilte abschließend vor Gericht und entschuldigte sich erneut für seine Taten.
Mit dem Urteil sei ein weiterer wichtiger Schritt zur Aufarbeitung des Betrugsfalles getan worden, sagte Steffen Kottkamp, Kika-Programmgeschäftsführer, in einer ersten Reaktion. Nun könne man sich wieder mit ganzer Kraft den eigentlichen Aufgaben zuwenden, nämlich ein gutes Kinderprogramm zu machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen