: Revolutionäre in Bremen
Osteuropa-Institut begeht 25-Jahr-Feier mit ehemaligen Dissidenten – und treibenden Kräften der Demokratisierung
Vor 20 Jahren hat Osteuropa-Forscher Wolfgang Eichwede sich noch konspirativ mit ihnen treffen müssen, einige saßen wegen ihres Engagements für die Bürgerrechte jahrelang in Haft – diese Woche kommen sie quasi als „Staatsgäste“ ins Bremer Rathaus: Das Osteuropa-Institut feiert sein 25-jähriges Bestehen und hat etliche prominente Vertreter der Menschen- und Bürgerrechtsbewegung eingeladen.
Kommen wird zum Beispiel der Schriftsteller György Konrád, der von 1997-2003 Präsident der Akademie der Künste in Berlin war. In seiner ungarischen Heimat war er in den 80er-Jahren mit einem Publikationsverbot belegt. Oder Bronislaw Geremek, als Berater der Solidarnósc inhaftiert – heute hoch geschätzter Abgeordneter im Europäischen Parlament. Karrieren, die nur möglich wurden, weil die osteuropäischen Revolutionen ganz anders als die des Westens unblutig verlaufen sind, wie Eichwede betont.
Eine große Runde ist zur öffentlichen Diskussion heute angekündigt, bis Samstag dauert der interne Kongress. Dass die osteuropäischen Dissidenten einen guten Draht nach Bremen haben, hängt mit diesem Institut zusammen: Hier – und nur hier – wurde seit 1982 das illegale Schrifttum frei gesammelt. Nach der Öffnung des Eisernen Vorgangs sind 500 Nachlässe dazugekommen.
Da die Archive der osteuropäischen Geheimdienste noch nicht öffentlich zugänglich sind, ist Bremen für die wertvollen Dokumente weltweit eine einzigartige Adresse. Mit seinen 20 Mitarbeitern hat Eichwede um das Archiv ein wissenschaftliches Institut aufgebaut, das – anders als damals die übliche Osteuropawissenschaft – nicht auf die Sicherheitspolitik und die Fragen der Stabilität konzentriert war, sondern von Anfang an auf die alternativen Kulturen guckte. kawe
Heute, 17.30 Uhr, Rathaus
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