„In Schweden greifen die Leute zur Waffe“

AUSROTTEN Der Schäfer Wendelin Schmücker fordert den Abschuss von Problemwölfen in Niedersachsen

■ 38, ist Sprecher der Berufsschäfer. In seiner Familie werden seit 1720 Schafe gehalten. Er hat 700 Mutterschafe.  Foto: dpa

taz: Herr Schmücker, Sie loben in einem Brief an Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Ausrottung des Wolfes als „historische Leistung“. Warum fordern Sie heute den Abschuss der Tiere?

Wendelin Schmücker: Ich habe meine Worte bewusst provokant gewählt, damit wir schon jetzt über das Problem nachdenken. Gesetze, die den Abschuss der Wölfe ermöglichen, brauchen Vorlaufzeit. In Deutschland leben 340 Wölfe. Die vermehren sich jährlich um 30 Prozent.

In der Antwort, die Sie gerade vom Umweltministerium erhalten haben, distanziert sich die Behörde davon, Wölfe zu jagen. Die Weidetierhalter sollen sich auf den Wolf einstellen.

Damit bin ich nicht zufrieden. Der Wolf sollte ins Jagdrecht aufgenommen werden, um schnell reagieren zu können, wenn die Population zu groß wird.

Ist der Wolf denn heute schon ein Problem?

In Niedersachsen wird er zu einem flächendeckenden Problem werden. In Lahmstedt bei Cuxhaven ist er es schon jetzt. Da war ein Wolf schon mehrfach in Schafs- und Rinderherden. In Ländern wie Schweden greifen die Leute längst zur Waffe.

Wer hat überhaupt ein Problem mit dem Wolf?

Alle Weidetierhalter, wenn der Wolf nicht genügend Wild findet. Und das wird knapper, weil jetzt Jäger und der Wolf das Wild aus der Natur entnehmen.

Warum fordern Sie dann nicht, dass Jäger weniger jagen und das Wild dem Wolf lassen?

Der Wolf reißt auch eine tragende Ricke und betreibt nicht so eine gezielte Hege wie der Jäger.

Sie nennen den Wolf in Ihrem Brief einen „Schädling“, aber seine Ansiedlung erhöht die Artenvielfalt in der Natur.

Wenn es keine Schafbeweidung mehr gibt, tritt das Gegenteil von Biodiversität ein. Es muss die Möglichkeit geben, Problemwölfe aus der Kulturlandschaft zu entfernen.

Hat ein Wolf schon ein Tier aus Ihrer Herde gerissen?

Gott sei Dank noch nicht.

Wie schützen Sie denn Ihre eigenen Tiere?

Mit einem Elektrozaun.

Und der hält Wölfe ab?

Nein. Da könnte sich der Wolf untendurchgraben. Der unterste Draht führt keinen Strom.

Könnte man Ihnen den Vorwurf machen, dass Sie Ihre Schafe nicht ausreichend schützen?

Genau. Da sind wir bei der Frage, was ich tun muss. Ich muss also meine Tiere für die Gesellschaft schützen. Die Gesellschaft möchte aber den Wolf. Ich möchte den nicht. Wer die Musik bestellt, der soll sie auch bezahlen.

2015 will Niedersachsen Tierhalter mit der „Förderrichtlinie Wolf“ stärker unterstützen.

Für meine Weiden benötige ich ungefähr 15 Kilometer wolfssicheren Zaun. Das würde einen Betrag von 100.000 Euro ausmachen. Die Kosten müssen zu 100 Prozent übernommen werden, wie auch der Wolf zu 100 Prozent geschützt ist.  INTERVIEW: REA