piwik no script img

Klaus Wowereit beweist Kultur

Nach langen Jahren des Sparens spendiert der Senat der Kultur wieder ein paar Millionen extra. Davon profitieren Theater und Opern, der Tanz und die Museen. Kulturstaatssekretär bejubelt den Aufschwung. Grüne fordern mehr Geld für die junge Kunst

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Man kann darüber spekulieren, ob die Rolle von Klaus Wowereit (SPD) als Kultursenator dafür verantwortlich ist, dass die Berliner Kunst- und Kulturinstitutionen an der guten Finanzentwicklung des Landes partizipieren. Sicher ist, dass der Regierende Bürgermeister, kaum dass den neuen Doppelhaushalt des Landes für 2008/2009 keine Schulden mehr belasten, der hiesigen Kultur einen Investitionsschub verpasst. Es ist der erste seit vielen Jahren.

Als „großen Erfolg für die Berliner Kultur“ hat gestern Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) den vom rot-roten Senat verabschiedeten Kulturhaushalt für die Jahre 2008/2009 und die ebenfalls beschlossene Finanzplanung bis 2011 gefeiert. Mit freuen können sich über Etaterhöhungen und mehr Investitionsmittel bis 2011 die großen Institutionen wie die Staatsoper, die Volksbühne und die Schaubühne am Lehniner Platz, die NS-Dokumentation Topographie des Terrors sowie die Gedenkstätten. Die Staatsoper erhält Investitionsmittel von 130 Millionen Euro, der Etat der Schaubühne und der Topographie des Terrors wächst jährlich um 500.000 beziehungsweise 690.000 Euro.

Teilhaben am Inhalt des Füllhorns werden aber auch kleinere Privattheater und Compagnies wie das HAU (plus 250.000 Euro jährlich), das Grips Theater, das Theater an der Parkaue oder die Choreografin Sasha Waltz und die Berlinische Galerie. Mit diesen will das Land vierjährige Zuwendungsverträge abschließen, damit für sie größere Planungssicherheit gewährleistet ist.

Schmitz erklärte nach der Senatssitzung: „Ich bin froh, dass der Senat uns gefolgt ist und für diese Einrichtungen neben den gestiegenen Investitionen auch eine Erhöhung des laufenden Etats beschlossen hat.“ Konkret stünden dem Kulturhaushalt für 2008 insgesamt 2,3 Millionen Euro und das Folgejahr 3,2 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, sagte Torsten Wöhlert, Sprecher im Hause der Kulturverwaltung. Mit den Investitionsmitteln steige der Etat von Wowereit/Schmitz von 353 Millionen Euro in diesem Jahr auf 392 Millionen Euro im Jahr 2009. Bis 2011 soll der Betrag auf über 480 Millionen Euro anwachsen.

Hinzu kämen, so Wöhlert, noch Investitionsmittel des Bundes – etwa 50 Millionen Euro für die Staatsoper oder 8,1 Millionen Euro für die Gedenkstätte Hohenschönhausen. Absenkungen für Theater, Museen, Künstler und Compagnies hätte es nicht gegeben, so Wöhlert. „Es musste keiner sterben.“

Nach Ansicht der Kulturverwaltung bedeuten die Verhandlungen über den Kulturetat ein Signal, den „durch die prekäre Haushaltslage verursachten Investitionsstau in den Kultureinrichtungen aufzulösen“. Die Kultur werde als „Zukunftspotenzial“ begriffen.

Alice Ströver, grüne Kulturexpertin, bezeichnete die Investitionen „als nicht ausreichend“. Außerdem würden „kleine und innovative Kulturprojekte“ eine immer geringere Rolle im Etat spielen. Ströver: „Damit wird die kreative Kulturszene nicht auf-, sondern abgewertet.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen