piwik no script img

Ein allzu milder Aufklärer

Mitten im Ruhestand hat Joachim Jacob seine wohl heikelste Aufgabe übernommen. Im Auftrag des parlamentarischen BND-Untersuchungsausschusses soll der 68-Jährige – soweit möglich – die CIA-Gefangenentransporte über deutschem Luftraum und auf deutschen Flughäfen aufklären. Der Ausschuss hat ihn für zunächst drei Monate als Ermittlungsbeauftragten eingesetzt. Aus persönlichen Gründen wird er aber erst im Herbst mit seiner Tätigkeit beginnen.

Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 war das FDP-Mitglied zehn Jahre lang Bundesbeauftragter für den Datenschutz. Als erster Datenschützer wurde Jacob nach einer Gesetzesänderung vom Bundestag gewählt und nicht von der Bundesregierung ernannt. Die Union wollte damals einen der ihren zum Datenschutzbeauftragten machen, doch die mitregierende FDP konnte dann, auch mit Hilfe der SPD, Jacob durchsetzen, der immerhin schon Vizebeauftragter war. Die FAZ beruhigte damals die Union, Jacob sei als Datenschützer kein „Heißsporn“, und sollte damit mehr als recht behalten.

Jacob hat selten Schlagzeilen gemacht und blieb im Ton stets moderat. „Sollte das bestehende Instrumentarium der Polizei zur Bekämpfung des Terrorismus nachweislich nicht ausreichen, lasse ich natürlich mit mir reden“, war so ein typischer Jacob-Satz. Und als Otto Schily nach den Anschlägen von 2001 sein Sicherheitspaket vorlegte, kritisierte Jacob milde, „das Paket geht insgesamt etwas zu weit“. Von Hardcore-Datenschützern wurde Jacob daher nie richtig ernst genommen. Tatsächlich war der 1939 in Bamberg als Sohn einer Beamtenfamilie geborene Jacob auch kein gelernter Datenschützer, sondern hatte eine relativ abwechslungsreiche Beamtenkarriere hinter sich – beginnend im Bundesinnenministerium über das Statistische Bundesamt bis zur Bundesakademie für öffentliche Verwaltung. Ab 1989 arbeitete er dann in leitender Funktion beim Datenschutzbeauftragten.

Parteipolitisch aufgefallen ist Jacob nie. Allerdings dürfte seine FDP-Mitgliedschaft auch jetzt akzeptanzfördernd gewesen sein. Als Sonderermittler werden gerne altersweise Liberale genommen, wie etwa der ehemalige FDP-Innenpolitiker Burkhard Hirsch beim Skandal über verschwundene Leuna-Dokumente.

Im Auftrag des Untersuchungsausschusses hat Jacob nun fast schon polizeiliche Befugnisse, kann Zeugen anhören und Beweismittel verlangen. Ein Star wird er vermutlich aber auch in dieser Rolle nicht werden. Nach außen hat er laut Gesetz nämlich die „gebührende Zurückhaltung“ zu wahren. Öffentliche Erklärungen sind ihm verboten. Es wird ihm eher recht sein. CHRISTIAN RATH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen