: Paketannahme verweigern?Christian Krähling
STREITFRAGE Amazon, Zalando, Ebay: Vor Weihnachten klingelt fast täglich der Paketbote. Wohnungen werden zum Warenlager. Das nervt
Die Streitfrage wird vorab online gestellt.
■ Immer dienstags. Wir wählen eine Antwort aus und drucken sie in der taz.am wochenende www.taz.de/streit oder www.facebook.com/taz.kommune
■ Redaktion: Stefanie Schmidt
■ Fotos: Archiv, Rico Prauss, WDR
Wir KollegInnen von Amazon, die wir um unser Recht auf Mitbestimmung kämpfen, lehnen einen Boykott zu diesem Zeitpunkt ab, um unsere eigenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Die Entscheidung, ob man bei Amazon bestellt, bleibt jedem selbst überlassen. Wir geben jedoch zu bedenken, dass auch KundInnen ArbeitnehmerInnen sind. Als solche sollten wir uns solidarisieren und gegenseitig unterstützen.
Christian Krähling, 36, arbeitet seit 2009 bei Amazon in Bad Hersfeld und ist dort Sprecher der Verdi-Vertrauensleute
Viveka Ansorge
Verweigern? Weshalb? Man lernt die Nachbarn doch besser kennen, wenn sie kommen, um das Paket abzuholen. Ich zum Beispiel habe durch die vielen Pakete meiner Nachbarin erfahren, dass sie seltene Fische hält, die ständig neues destilliertes Wasser benötigen.
Viveka Ansorge, 25, taz-Leserin, hat die Streitfrage per Mail beantwortet
Marie-Luise Marjan
Nachbarschaftshilfe ist wichtig und gut. Ich nehme immer Pakete für Nachbarn an und umgekehrt ist es auch der Fall. Dabei achte ich nicht darauf, von welchem Versandhaus sie verschickt wurden. Das ist doch die Sache der Nachbarn. Alles andere ginge meiner Meinung nach zu weit.
Marie-Luise Marjan, 74, Schauspielerin, ist bekannt als Mutter Beimer in der TV-Serie „Lindenstraße“
Bernd Riexinger
Ja. Dabei geht es mir grundsätzlich darum, die Kette, an deren Anfang die skandalösen Arbeitsbedingungen bei Amazon und Co stehen, zu unterbrechen. Die Solidarität mit den Beschäftigten geht vor. Ich würde meine Nachbarn dann aber aufklären und sie bitten, sich am Protest gegen miese Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne zu beteiligen.
PS: Pakete von der Oma nehme ich natürlich gern entgegen.
Bernd Riexinger, 59, ist Vorsitzender der Partei Die Linke
Günter Wallraff
Ablehnen heißt für die Paketfahrer: Sie müssen erneut raus. Die Konzerne zahlen aber nur eine einzige Auslieferung. Als Fahrer für GLS, Hermes und DPD habe ich gespürt, wie mit jeder Annahmeverweigerung der Stress steigt. Mein Wunsch: Nehmt ihnen die Lasten ab, gebt Trinkgeld, fragt nach ihrer Arbeitszeit und dem Lohn.
Günter Wallraff, 72, Enthüllungsjournalist, prangerte in seinem Buch „Die Lastenträger“ die Arbeitsbedingungen in der Paketbranche an
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