heute in bremen: „Die Bohème gibt es nicht mehr“
Vor 27 Jahren wurde das Café Grün eröffnet
taz: Herr Stuzmann, gibt’s eigentlich jemanden in der Innenstadt, der schon so lange sein Café betreibt wie Sie?
Hermann Stuzmann, Inhaber Café Grün: Ich glaube nicht. Höchstens in solchen Läden wie dem Knigge …
… ein Oma-Café …
Genau, aber wir sind ja schon etwas anderes.
Was sind Sie denn? Zu Ihrem 14. Geburtstag haben wir mal geschrieben, bei Ihnen träfe sich die Bohème des Städtchens.
Ach, so eine Bohème gibt’s doch gar nicht mehr. Und die Künstler und Kulturschaffenden, die früher die Stammgäste gebildet haben, davon sind nicht viele übrig geblieben.
Weil die ihr Studium beendet haben und arbeiten müssen?
Das, oder sie sind weggezogen oder nehmen sich ihr Six-Pack mit nach Hause oder sind in anderen Etablissements unterwegs. Früher, als wir angefangen haben, da gab es ja gar nichts vergleichbares in der Gegend, höchstens ein paar italienische Eiscafés. Mittlerweile gibt es so viele Cafés, da musst du ja mit beiden Händen Kaffee trinken.
Dann kommt niemand mehr zu Ihnen?
Aber nein, wir machen oft Ausstellungen und Lesungen, dann ist der Laden voll. Und wir haben immer noch viele Stammgäste, wobei, das muss man schon sagen, die zweite Generation ausgeblieben ist. Die meisten Besucher sind zwischen Mitte 30 und Ende 40.
Aber liegt das nicht daran, dass niemand weiß, dass es Sie gibt?
Das stimmt schon, dass wir durch die Hochstraße abgeschnitten sind vom Rest der Welt. Die Leute laufen das Fedelhören bis zum Rembertiring und dann wieder zurück.
Wie wäre es damit, mal ein Schild aufzustellen?
Ach nein. Die Leute kommen oder sie kommen nicht.
Und wenn sie kommen: Bekommen sie dann noch Evis Käsekuchen?
Nein, die macht jetzt was anderes. Dafür gibt es Lizzys Käsekuchen und Karins Suppen.
Interview: Eiken Bruhn
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