: Spenden? Gut. Besser: Mitwirken!
GUTES TUN Zum Jahreswechsel wollen viele Menschen für wohltätige Zwecke Geld spenden. Nur welchen? Hier ein paar Vorschläge – und der Hinweis, dass die Spende von Zeit und Engagement oft mehr bringen würde
■ Spenden für den Berliner Flüchtlingsrat: Bank für Sozialwirtschaft Berlin IBAN: DE50100205000003260300 SWIFT/BIC: BFSWDE33BER, www.fluechtlingsrat-berlin.de ■ apabiz e. V. – antifaschistisches pressearchiv und bildungszentrum: Lausitzerstr. 10, Tel.: 0 30–6 11 62 49, www.apabiz.de ■ offensiv’91 e. V. – Verein für soziale und kulturelle Dienste für Frauen, Familien und Jugendliche : Hasselwerderstraße 38–40, Tel.: 030–65 48 72, www.offensiv91.de ■ Arbeitskreis Marginalisierte – gestern und heute: c/o Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, www.marginalisierte.de ■ Die Kälte Nothilfe (Volksinitiative): Wärme mit Herz Stiftung, c/o Zoltan D. Grasshoff, Böhmische Str. 7, Tel.: 01 57–83 91 72 08, www.mitherz.berlin ■ Berliner Obdachlosenhilfe e. V: www.berliner-obdachlosenhilfe.de ■ politischer Förderfonds Netzwerk: www.netzwerk-selbsthilfe.de
VON MARKUS LISKE
Jedes Jahr zur Weihnachtszeit erwacht in vielen Menschen der Wunsch, anderen Gutes zu tun. Die Gründe dafür sind vielfältig: Gläubige Christen fühlen sich durch den nahenden Heiligabend vielleicht an die sozialen Aspekte ihrer Religion erinnert, aber auch Nichtgläubige ziehen im Dezember oft ihr Jahresfazit und stellen dabei fest, dass es ihrem Leben an sozialem Engagement fehlt. Bei anderen ist es die Unzahl von Geschenken, die sie für liebe und weniger liebe Verwandte, Freunde oder Geschäftspartner kaufen, die ihnen klarmacht, dass es auch Menschen gibt, die größeren Bedarf an Zuwendung haben. Und manche schließlich folgen ferngesteuert all den Spendenaufrufen, mit denen man zu dieser Jahreszeit besonders bombardiert wird. Dabei gilt: Je größer und bekannter die Hilfsvereinigung, desto sicherer fühlt man sich bezüglich der Verwendung des gespendeten Geldes.
Doch große Verwaltungsapparate und massive Werbung produzieren auch hohe Kosten, und sicherlich möchte sich kaum jemand gerne vorstellen, dass seine Spende für hungernde Kinder letztlich nur ein Plakat finanziert, mit dem Spenden für hungernde Kinder geworben werden. Wirkliche Hilfe für Notleidende dagegen findet oft direkt vor der Haustür statt und man kann nicht nur spenden, sondern auch mitwirken – nicht nur an Weihnachten.
Der Berliner Flüchtlingsrat zum Beispiel nimmt zwar auch gerne Spenden entgegen, stellt auf seiner Website aber zudem eine Linksammlung zu Willkommensinitiativen in Berlin zur Verfügung, die gerade in Zeiten von Pegida- und AfD-Hetze immer nötiger werden und jede Unterstützung brauchen können. Es gibt solche Initiativen nicht nur in Hellersdorf oder Köpenick, auch in Moabit, Steglitz oder Reinickendorf leisten sie wichtige Arbeit. Eher hintergründig wirkt dagegen das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz), dessen Bibliothek eine unschätzbare Fülle von Materialien für die antifaschistische Arbeit unentgeltlich zur Verfügung stellt. Hierfür wird nun eine neue Website benötigt, für die derzeit noch 3.000 Euro fehlen. Konkrete antifaschistische Arbeit „auf der Straße“ leistet unter anderem der Verein offensiv ’91. Er ist beheimatet im diesbezüglich problematischen Bezirk Treptow-Köpenick und betreibt dort sowohl die Villa Offensiv als auch das Zentrum für Demokratie. Gearbeitet wird in unterschiedlichsten Bereichen. Das Projekt „Stadtteillotsinnen und -lotsen“ etwa unterstützt Menschen mit Migrationshintergrund, geflüchtete Menschen und Asylsuchende bei Behördengängen und anderen wichtigen Erledigungen. Gleichzeitig betreibt der Verein ein „Register für rassistische, antisemitische, homophobe und rechtsextreme Vorfälle“ im Bezirk, das ständig aktualisiert wird.
Tatkräftige Hilfe kann auch der Arbeitskreis Marginalisierte gebrauchen, der sich mit „Armut, Ausgrenzung und Rassismus gestern und heute“ beschäftigt. Hier wird einerseits Erinnerungsarbeit geleistet, beispielsweise für das ehemalige Arbeitshaus Rummelsburg, das inzwischen weitgehend zu Eigentumswohnungen umgebaut wurde. Andererseits baut der Arbeitskreis stets die Brücke zu den sogenannten „Asozialen“ von heute und modernen Ausgrenzungssystemen wie Hartz IV.
Hier setzt auch die Arbeit der Berliner Tafel an, an der in den letzten Jahren auch viel Kritik geübt wurde, betreibt sie doch ehrenamtliche Notlinderung in einem Bereich, in dem eigentlich der Staat wirken sollte. Andererseits könnte man dies an nahezu jedem ehrenamtlichen Sozialprojekt kritisieren, und als Verein ist die Berliner Tafel immerhin nicht direkt Teil der Armutsindustrie, die sich an den Notleidenden der Gesellschaft eine goldene Nase verdient. Umso wichtiger sind hier sowohl tatkräftige Helfer als auch Geld- und Sachspenden.
Ebenfalls häufig in der Kritik stehen die verschiedenen Organisationen, die sich um Kältehilfe für Obdachlose kümmern. In der Regel werden diese vom Land Berlin oder den Kirchen betrieben und sollten daher ohne Ehrenamt und Spenden arbeiten können, was aber nicht der Fall ist. Eine private Initiative ist die Berliner Obdachlosenhilfe e.V. Sie macht Hilfstouren mit selbst gekochtem oder gespendetem Essen, Kleiderspenden und Erste-Hilfe-Sets, um Obdachlose „sicher über den Winter zu bringen“. Jede Form von Spende oder Mitarbeit wird hier gebraucht.
Wer nun aber nicht in der Lage ist, sich selbst sozial zu engagieren und sich gleichzeitig nicht entscheiden kann, wo seine Geldspende am besten aufgehoben ist, dem sei ausdrücklich der politische Förderfonds Netzwerk ans Herz gelegt. Netzwerk fördert und berät schon seit über dreißig Jahren politische Projekte aller Art. So manch gute Idee hätte ohne die Unterstützung dieses Vereins nie realisiert werden können. Zu den Geförderten 2014 gehörten unter anderem die Refugee Communication Conference, der Berliner Ratschlag zum Thema „Wem gehört die Stadt?“ sowie Straßenaktionen zum Thema Racial Profiling.
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