kabinenpredigt: Sieger im Abseits
Das war schon sehr undiplomatisch, was sich der Regierende Bürgermeister von Berlin geleistet hat. Klaus Wowereit hatte gesagt, anstatt der üblichen Verdächtigen wie etwa Peter Hanisch, Präsident des Landessportbundes (LSB), habe man sich bewusst für andere „herausragende Persönlichkeiten“ entschieden. Die Rede war von der Zusammensetzung des Expertengremiums namens Berlin Board, das künftig für die weltweit bessere Vermarktung der sich selbst unterschätzenden Hauptstadt sorgen soll.
Wowereit hatte den LSB-Präsidenten also nicht nur übergangen, sondern ihn mit dieser Bemerkung sogar noch einmal förmlich ausgeladen. Hanisch reagierte Mitte vergangener Woche mit einer – es lässt sich kaum anders sagen – geharnischten Presseerklärung. Dass ausgerechnet der Sport in dieser Runde fehle, klagte Hanisch, sei eine „Geringschätzung eines Alleinstellungsmerkmales“. Er sehe bei den für das Board eingeladenen Personen keinen, der von für Touristen attraktiven Sportgroßveranstaltungen nähere Kenntnis habe. Der Senat habe leider im Vorfeld seiner Entscheidung für die Zusammensetzung des Gremiums einen Brief des Landessportbunds ignoriert.
Für sich gesehen ist das Argument von Hanisch nicht von der Hand zu weisen. Spitzensportevents sind für die Tourismusbranche und das Image der Stadt von großer Bedeutung. Und davon haben etwa Berlin-Board-Mitglieder wie Stararchitekt Hans Kollhoff, FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher oder der Axel-Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner keine Ahnung. Doch Hanisch hat etwas Grundlegendes missverstanden. Das Berlin Board ist nicht als Kompetenzteam angelegt. Wowereit will mit prominenten Gesichtern weltweit die Türen für Berlin öffnen. Auch wenn sich Hanisch als Präsident der Europäischen Polizeisport-Union schon auf internationaler Ebene eingebracht hat, wird er eher als lokale Größe, als Sportsfunktionär wahrgenommen.
Hanisch sollte sich aber nicht grämen. Wenn Wowereit mit seinem millionenschweren aufgeblasenen Werbeprojekt scheitert, ist der Berliner Sport immerhin fein raus. Man weiß ja dann, woran es gelegen hat. Dabei sein ist schließlich nicht immer alles. Gewinner können auch im Abseits stehen. JOHANNES KOPP
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