: berliner szenen Kindersicherung
Gefangen in der Kita
Dies ist der letzte Kinderhort, in dem ich Flyer für meine Inlineskating-Kurse aufhängen will. Ich schwitze, der Raum ist rappelvoll mit Kindern. Die Lautstärke entsprechend. Einen Betreuer kann ich nirgends sehen. Aber auf der anderen Seite des Raums gibt es eine Pinnwand. Ich bahne mir einen Weg durch die Kinder, meine zukünftigen Kunden, dann gehe ich zum Ausgang zurück – und bleibe irritiert stehen.
Von außen hatte die Tür einen normalen Griff, aber auf der Innenseite ist die Klinke hochgestellt. Katzenbesitzer montieren ihre Türklinken oft ähnlich, damit ihr gewitztes Haustier nicht auf die Klinke springen und die Tür öffnen kann. Offenbar hält man Kinder genauso in Schach. Ich schiebe die Klinke nach links. Nichts. Vielleicht ist sie doppelt verkehrt angebracht, zur Tarnung. Ich schiebe sie nach rechts. Die Tür bleibt geschlossen. Langsam gerate ich in Verlegenheit. Ich bin in einem Raum mit 50 Kindern eingeschlossen. Ein kleiner Junge taucht neben mir auf. Er sieht neugierig zu mir hoch. „Was machst du hier?“, will er wissen. „Ich versuche, die Tür zu öffnen“, sage ich und komme mir blöd vor. „Das geht nicht“, sagt der Junge. Na prima, denke ich. Die anderen Kinder werden nun auch aufmerksam, sie hören auf zu spielen und sehen in meine Richtung. Einige lachen. Ich rüttele stärker an der Tür.
Plötzlich steht eine Frau neben mir, die zwar ziemlich klein ist, aber eindeutig erwachsen. Sie zieht die Klinke ein Stück aus der Tür heraus, drückt sie nach links, und die Tür springt auf. Mit hochgezogener Augenbraue mustert sie mich von oben bis unten. Tiefrot verabschiede ich mich.
Meine bisherigen Kurse waren gut besucht. Wenn der nächste ein Flop wird, weiß ich, woran es liegt. SANDRA NIERMEYER
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