WARUM EIN RAUCHBOMBEN-VORFALL IN GRABAU HUNDERTE BERÜHRT
: „Rassistischer Hintergrund“

Der Zuspruch nach dem Anschlag ermutigte die Betroffenen: Mehr als 600 Menschen sind am vergangenen Samstag in die Peter-Paul-Kirche im schleswig-holsteinischen Bad Oldesloe gekommen – aus Solidarität mit den Flüchtlingen im benachbarten Grabau: Am 2. Januar hatten Unbekannte in einer dortigen Asylbewerberunterkunft eine Rauchpatrone gezündet, die Bewohner mussten das Haus kurzfristig verlassen.

Dass allem Regen und allen Böen zum Trotz so viele Menschen gekommen seien, fand Walter Albrecht vom Bündnis gegen rechts „überwältigend“. Wegen des Sturms war die Kundgebung gegen Fremdenfeindlichkeit in die Kirche verlegt worden.

Sechs der neun Bewohner waren in der Unterkunft, als gegen 22.30 Uhr im Treppenhaus die Rauchpatrone angezündet wurde. Rasch verbreitete sich der Rauch, einem der Bewohner gelang es, die qualmende Rauchpatrone nach draußen zu bringen. Zwei Männer kamen ins Krankenhaus. Die Bewohner, die aus Afghanistan, Syrien und dem Jemen kommen, wurden in einem Landgasthof untergebracht. Nach einer Nacht kehrten sie nach Grabau zurück.

„Die Ermittlungslage ist noch dünn“, sagt der ermittelnde Oberstaatsanwalt Ralf-Peter Anders der taz. Daher habe die Staatsanwaltschaft Lübeck eine Belohnung von 5.000 Euro ausgelobt. „Ich gehe aber davon aus, dass ein rassistischer Tathintergrund gegeben ist“, sagt Anders. Ganz gezielt sei die Rauchbombe in einem Haus, in dem nur Asylbewerber lebten, gezündet worden.

Am Samstag jährt sich der Brandanschlag in Lübeck: Dort starben in der Nacht des 18. Januar 1996 drei Erwachsene und sieben Kinder. Bis heute hat die Staatsanwaltschaft die Täter nicht ermittelt. An die Opfer von damals, aber auch an die heute verstärkt eintreffenden Flüchtlinge erinnert die Demonstration „Refugees Welcome in Lübeck“: Sie beginnt am Samstag um 12 Uhr am Bahnhof.

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland