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Der Schwarzmaler verabschiedet sich

MISTER NEUKÖLLN Mit Negativwerbung hat Heinz Buschkowsky seinem Bezirk zu Weltruhm verholfen. Doch zuletzt wirkte er damit etwas aus der Zeit gefallen

VON DANIEL BAX

Wenn es stimmt, dass es keine schlechte Publicity gibt, weil jede Publicity besser ist als gar keine, wie es der alte Werberspruch besagt, dann war Heinz Buschkowsky, seit 2001 Neuköllns Oberhaupt, auch der oberste Werbeträger seines Bezirks. Denn so, wie Klaus Wowereit mit seinem Spruch „arm, aber sexy“ das Bild der Stadt prägte, so beherrschte Buschkowsky wie kein Zweiter die Kunst der Negativwerbung.

Wenn er am 1. April zurücktritt, dürfte Neukölln auch einen Teil seines Images verlieren. Andererseits aber ist es ohnehin an der Zeit für einen Relaunch.

„Sie übertreiben aber ganz schön. So schlimm ist es hier doch gar nicht“, soll Buschkowsky der damaligen Interims-Leiterin der Rütli-Schule, Petra Eggebrecht, nach deren Brandbrief vor acht Jahren zugeraunt haben. Doch der Eklat zahlte sich für die Schule aus: Als schlimmste Lehranstalt Deutschlands verschrien, erhielt sie plötzlich Aufmerksamkeit und in der Folge mehr Geld und Personal.

Das Beispiel scheint Buschkowsky imponiert zu haben. In Talkshows und Kolumnen lamentierte er wortreich, plastisch und pointiert über Parallelgesellschaften, Gewalt und Kriminalität in seinem Kiez, und das Tremolo seines Dauerlamentos schwoll mit den Jahren immer mehr an. Sein Buch „Neukölln ist überall“, das 2012 erschien, war ein Riesenerfolg und regte ihn zu seinem Sequel „Die andere Gesellschaft“ (2014) an.

Andere Politiker hätten versucht, dem düsteren Image von Neukölln als „Bronx von Berlin“ ein paar positive Akzente als Zeichen der Hoffnung entgegenzusetzen. Nicht so Buschkowsky, der noch eins draufsetzte und die Abgründe seines Bezirks in noch dunkleren Farben ausmalte, als es jeder TV-„Tatort“ vermochte.

Der Vorteil: Je schwärzer er die Zustände malte, desto heller konnte er sich selbst als Lichtfigur davon absetzen. Ohne ihn, so seine Botschaft, wäre alles noch viel schlimmer. Dass auch andere in seinem Bezirk dazu beitrugen, das Zusammenleben zu verbessern, ließ er dabei unter den Tisch fallen. Über vielbeachtete Initiativen wie die Männergruppe des Psychologen Kazim Erdogan, das Kunstfestival „48 Stunden Neukölln“ oder die Initiative Salaam-Schalom, die Muslime und Juden des Bezirks zusammenbringt, verlor er kein Wort. Sie hätten sein Renommee als alleiniger Retter Neuköllns ja womöglich geschmälert.

Nicht nur in Neukölln, sondern auch in der SPD reagierten manche deshalb zunehmend genervt ob dieser Egomanie. Es sei ja schön und gut, wenn Buschkowsky „manchen Missstand kritisiert“, ätzte sein Parteichef Klaus Wowereit einmal, aber er neige leider zu Übertreibungen.

Schwer vorstellbar, dass sich ein Kanzler oder Präsident so über sein Land äußern könnte, wie es Buschkowsky über seinen Bezirk gerne und oft tat. Der konnte das aber auch nur, weil er „nur“ auf Einwanderer abzielte, die ohnehin im Abseits stehen.

Trotzdem ist es erstaunlich: Wenn ein Ostdeutscher derart mit dem gesellschaftlichen Wandel hadert, dann wird er als Motzki, DDR-Nostalgiker oder Jammerossi geschmäht. Wenn ein Einwanderer über die verlotterten Sitten seiner Nachbarn lästert, gilt er schnell als Deutschenfeind oder Fundamentalist.

Buschkowsy dagegen wurde nicht nur vom Boulevard als „Kult-Bürgermeister“ und „Klartext“-Kolumnist gefeiert, wenn er sich darüber beklagte, dass er auf der Sonnenallee keine Currywurst mehr bekommt.

Der jüngste Wandel Neuköllns durch den Zuzug hipper Studenten und junger Familien ging an ihm vorbei, sodass er im neuen Bionade-Neukölln zuletzt etwas aus der Zeit gefallen wirkte: wie der Opa, der auf Familienfesten immer noch vom Krieg erzählt.

Seine Nachfolgerin Franziska Giffey wird künftig einen anderen Ton anschlagen müssen.

Der Alte, die Neue: mehr zu Buschkowsky und Franziska Giffey SEITE 44, 45

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