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Kurzarbeit als Misserfolgsmodell

2. BUNDESLIGA Im Spitzenduell gegen Greuther Fürth nutzt der FC St. Pauli seine einzigen Chancen, kassiert aber jeweils in der Schlussminute der Halbzeiten ein Tor. So kann sich am Ende keiner über das 2:2 freuen

So nah war St. Pauli dran am Sieg, dass das Remis als gefühlte Niederlage schmerzt

Den Gesichtern der Hamburger Spieler ist die Enttäuschung abzulesen, der Textbaustein „fehlende Cleverness“ ist kurz nach Abschluss der Partie die meistgewählte Erklärungsformel. So nah waren sie drangewesen am Sieg über die Fürther, so nah, dass das Unentschieden als gefühlte Niederlage schmerzt.

Die Nachspielzeit ist schon angebrochen, da ließen Markus Thorandt und Jan-Philipp Kalla den Fürther Dani Schahin auf der rechten Seite in den Hamburger Strafraum durchbrechen, sein Zuspiel muss Torjäger Oliver Occean nur noch aus 20 Zentimetern zum 2:2-Ausgleich über die Linie drücken. Fürther Jubel, Schlusspfiff und aus der Traum, die seit Wochen wahrgenommene Verfolgerrolle abzustreifen, zumindest Platz drei zu erklimmen, der am Ende der Saison zu zwei lukrativen „Endspielen“ um den Wiedereinzug in die Bundesliga berechtigen würden. Stattdessen wie gehabt Platz vier und das Prinzip Hoffnung, die drei Erstplatzierten Frankfurt, Düsseldorf und Fürth mögen ins Straucheln geraten.

Dabei können die Hamburger sich am Ende über das 2:2 nicht beschweren. In der ersten Halbzeit lassen die Gäste aus Fürth vor 24.487 Zuschauern keine einzige klare Chance der St. Paulianer zu. Sie selber aber marschieren zwei-, dreimal brandgefährlich und einmal davon erfolgreich auf den von Phillipp Tschauner gehüteten Kasten der Hamburger zu. Gut 60 Sekunden vor dem Pausenpfiff unterläuft Kalla orientierungsschwach einen weiten Pass der Fürther auf Stürmer Christopher Nöthe, kommt der agile Patrick Funk zu spät, klebt Tschauner auf der Fünf-Meter-Linie und schiebt jener Nöthe das Kunstleder zur Fürther Führung in die Maschen.

In der zweiten Halbzeit kommen die Hamburger endlich besser ins Spiel und mit ihren ersten beiden Chancen gleich zur glücklichen Führung. Eine sehenswerte Pfeilschnell-Kombination von Fabian Boll, Deniz Naki und dem gerade eingewechselten Dennis Daube an der rechten Außenlinie zirkelt letzterer nach 55 Spielminuten ganz cool in den Fürther Kasten. 20 Minuten später tanzt der ebenfalls gerade erst eingewechselte Mahir Saglik nach Pass von Max Kruse im Strafraum seinen Gegenspieler aus und schiebt das Runde an Torhüter Max Grün überlegt zur 2:1-Führung ins Eckige.

Nun endlich müssen die Fürther die Räume öffnen, haben die Hamburger Konterchancen, die sie aber fahrig vergeben. Ein Fürther Pfostenschuss kurz vor Spielende, kündigt bereits Ungemach an, bevor sich der Abgesang der ersten Hälfte mit einem Last-Minute-Tor wiederholt.

Fehlende Cleverness? Verdienter Lohnabzug für Kurzarbeiter? Gegen Ingolstadt erzielte der Tabellendritte Frankfurt vor einer Woche in der sechsten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich. Am Freitag markierte Tabellenführer Düsseldorf gegen Dresden nach 92 Minuten den Siegtreffer, nun Fürth nach 90 Minuten den Ausgleich – gegen St. Pauli.

„Zwei Treffer in der jeweils letzten Minute einer Halbzeit“, das darf uns nie und nimmer passieren“, stöhnte Kapitän Fabio Morena nach dem Abpfiff. Doch, ist man geneigt zu antworten, kann schon mal passieren. Nur aufsteigen wird man so eben nicht. MARCO CARINI

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