: Aufstieg eines Absteigers
Am Ende ließ er Gnade walten, verweigerte seinem alten Verein den Todesstoß. Freistehend vor Torwart Kevin Müller brachte Fin Bartels in der letzten Minute der regulären Spielzeit den Ball nicht im Rostocker Kasten unter, und mochte auch in der Nachspielzeit nicht vollenden. Erneut ganz frei vom Tor passte er weiter nach rechts, wo Mahir Saglik angerauscht kam und mit seinem zweiten Treffer St. Paulis 3:1-Auswärtssieg bei Hansa Rostock perfekt machte.
Perfekt gemacht hatte Bartels zwei Tage zuvor schon seine Zukunft am Millerntor: Für zwei weitere Jahre – bis 2014 – unterschrieb der pfeilschnelle Mittelfeldspieler beim Hamburger Zweitligisten, bei dem er sich sichtlich wohlfühlt. So bleibt ein Nordlicht dem Norden weiter treu: In seiner Jugend schnürte der gebürtige Kieler für die Provinzclubs TSV Russee und SpVg Eidertal, bevor er als 18-Jähriger bei Holstein Kiel sein Regionalliga-Debüt gab und mit Kiel abstieg. Zwei Kieler Jahren folgten drei in Rostock, samt Bundesligadebüt und Doppel-Abstieg.
Dass er Rostock hinter sich gelassen hat, darüber konnte der Wirbelwind am Samstag froh sein, als die Partie nach einem Feuerwerk und zahlreichen Wurfgeschoss-Einlagen der Rostocker Fans direkt nach dem Hamburger Führungstreffer durch Max Kruse für zehn Minuten unterbrochen wurde und kurz vor dem Abbruch stand. Von vielen Rostocker Fans war Bartels nach seinem Wechsel zum ungeliebten Nord-Rivalen zur Persona non grata erklärt worden und musste sich folgerichtig am Sonntag viele Pfiffe in der DKB-Arena gefallen lassen.
Seit Sommer 2010 spielt Bartels nun am Millerntor. In seinem bislang am südlichsten gelegenen Club wurde er sofort Bundesliga-Stammspieler und stieg – darin inzwischen äußerst routiniert – erneut ab.
Die Vertragsverlängerung des eher ruhigen Zeitgenossen ist ein Signal, dass Bartels endlich auch einmal Aufstieg üben will. Neben Max Kruse ist der heute 24-Jährige im offensiven Mittelfeld der Hamburger zum Leistungsträger geworden. Bartels kann eigentlich alles – außer Tore schießen. Dass er trotz seiner bekannten Abschlussschwäche in dieser Saison bereits dreimal in den gegnerischen Kasten traf, zeigt nur, wie gut es derzeit beim FC St. Pauli für Bartels läuft.
Um personelle Kontinuität bemüht, hatte Sportchef Helmut Schulte in den vergangenen beiden Wochen schon mit Fabian Boll und Jan-Philipp Kalla eine weitere Zusammenarbeit fixiert. Nun sieht auch Bartels seine Zukunft mittelfristig am Millerntor und in der Bundesliga. Nur, dass er das nächste Mal am Ende der Saison nicht wieder mit Tränen in den Augen vom Platz gehen will. MARCO CARINI
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