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Sieben neue Privatschulen

Konkurrenz für den Staat: Sieben Anträge auf neue Privatschulen sind gestellt, zwei bereits genehmigt. Die Kita am Technologiepark beispielsweise soll sich bis zum Abitur auswachsen

Von Klaus Wolschner

Bremens Schulsystem ist in Bewegung. Um die staatlichen Schulen attraktiver zu machen, soll bis zum kommenden Sommer ein „Schulentwicklungsplan“ erarbeitet werden. Die staatlichen Schulen stehen gleichzeitig unter starkem Druck durch mehrere Initiativen zur Gründung weiterer privater Schulen. Die katholische St. Johannis-Schule am Domshof hat mit dem 11. Jahrgang den Aufbau ihrer Oberstufe begonnen. Das evangelische „Nebelthau“-Gymnasium in Bremen-Nord hat mit einer ersten „fünften“ Klasse begonnen, und gleich fünf weitere Anträge zur Zulassung neuer Privatschulen liegen bei der Bildungsbehörde auf dem Tisch.

Über zwei will die Behörde nichts sagen, weil die Antragsteller selbst bislang nicht an die Öffentlichkeit gegangen sind. Bekanntlich will eine „BSB Erwachsenenbildung Ltd.“, also eine Weiterbildungsfirma nach englischen Recht, das alte Rathaus Hemelingen für ein Privatgymnasium („Kristallschule“) kaufen. Bekannt ist ebenfalls, dass aus dem Kindergarten „Picobello“ am Körnerwall heraus eine Initiative für eine „Freie Schule Bremen“ gestartet worden ist.

Weniger bekannt ist, dass auch die im Mai 2003 gegründete betriebsnahe „Kindertagesstätte Technologiepark“ einen Antrag zur Genehmigung einer Schule, die bis zum Abitur führen soll, gestellt hat. Die Eltern waren so zufrieden mit der Kita, die im Herbst 2006 in ihr eigenes „Entdeckerhaus“ umgezogen ist, dass sie gesagt haben: Warum machen wir das nicht weiter? Sie wollen ihre schulreifen Kinder in eine „Projektschule“ nach dem bewährten pädagogischen Konzept schicken.

Die Kita im Technologiepark ist einerseits ein Service-Angebot für berufstätige Eltern, sie bietet Betreuung von 7.30 Uhr bis 17.30 Uhr an, auch in den Schulferien. Pädagogisch ist die Kita, wie alle betriebsnahen Kindergärten, ambitioniert. Zehn Unternehmen haben „Belegrechte“ gekauft und lassen sich das pro Kind rund 200 Euro im Monat kosten. Mit dem Universum gibt es eine „Partnerschaft“ für die Kids. Die Kita ist bereits sechs Gruppen mit insgesamt 120 Kindern angewachsen.

Die Projektschule soll Ganztagsschule sein, sagt der Physiker Gerd Eden, einer der Betreiber des Projektes. Auch das Konzept für die Schule lebt von der Nähe zum Technologiepark. Selbstverständlich soll es einen „fließenden“ Übergang von der Kita zur Schule geben – eben ein modernes Schulkonzept. Altersgemischte Gruppen sind geplant, es soll ein „Schulgebäude mit Erlebnisqualität“ entstehen. Klar – der architektonische „Wohlfühlfaktor“ ist für das Lernklima wichtig, in Sichtbeton-Burgen und sterilen Klassenzimmern hält sich niemand gern auf. Mit ihrem Neubau für die Kita hat der Verein bewiesen, dass er davon etwas versteht.

Die Klassenstufen fünf bis sieben werden als „Entdecker-Phase“ definiert, neben dem normalen Unterricht soll es Jahrgangsprojekte geben und „spielerisch entdeckende“ Erkundungen der Arbeitswelt. In der zweiten Phase – Klassenstufen acht bis zehn – soll die „Zusammenarbeit mit den kooperierenden Betrieben intensiviert“ werden. Die Oberstufe soll zum Abitur führen, Auslandsaufenthalte gehören genauso dazu wie die „verantwortliche Begleitung und Planung von Schulprojekten der jüngeren Jahrgänge“.

Die „Projektschule“ soll nicht kleine Naturwissenschaftler züchten, sagt Gerd Eden, sondern ein breites Angebot machen. Er selbst war früher Elternsprecher am Ökumenischen Gymnasium (ÖG) und hat daher Erfahrung mit Privatschulen. Sowohl die Nachfrage für das ÖG als auch für die Schulinitiative im Technologiepark sei so groß, dass sich die Schulen keinesfalls gegenseitig behindern würden.

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