: „Wunsch und Wirklichkeit“
VORTRAG Über Perspektiven und Erwartungen ausländischer Studierender spricht Ulrich Kuron
■ 51, ist Studiendekan der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Bremen und Vorstand des Türkisch-Deutschen Wirtschaftsinstituts.
taz: Herr Kuron, der Titel Ihres Vortrags ist „Willkommen in Deutschland?“. Gibt es in Zeiten des Fachkräftemangels Zweifel daran, dass ausländische Studierende hier willkommen sind?
Ulrich Kuron: Nein, daran besteht kein Zweifel. Alle Studierenden sind willkommen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist eine ausgeprägte Willkommenskultur ein Muss.
Aus welchen Gründen entschließen sich Menschen für ein Studium in Deutschland?
Zunächst einmal ist durch die Europäische Studienreform und den Bologna-Prozess eine neue Dimension des Studiums, ein europäischer Studienraum, geschaffen worden. Das fördert die gezielte Nutzung der Chancen, die die studentische Vielfalt bietet. Konkrete Einflussfaktoren auf die Wahl des Studienortes sind insbesondere die Qualität und Reputation von Studiengang und Hochschule sowie die Spezialisierung und Einzigartigkeit eines Studiengangs. Auch die Kosten sind entscheidend – da hat Deutschland im internationalen Vergleich vergleichsweise niedrige Studiengebühren. Außerdem ist die Lebensqualität hoch und es gibt, vor allem im Masterbereich, viele Studiengänge auf Englisch. An der Hochschule Bremen sind 27 von 44 Bachelor- und 12 von 22 Master-Studiengängen international. Die Hochschule ist im Bereich Internationalität aber auch sehr aktiv.
Haben die ausländischen Studierenden ein Interesse daran, dauerhaft in Deutschland zu leben?
Ja, ein Großteil will nach dem Abschluss bleiben, um zu arbeiten und internationale Berufserfahrung zu sammeln. Es gibt aber eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Das Ausländerrecht ist sehr komplex und wenn die Studierenden noch Sprachprobleme haben, können sie sich mit den Gesetzen nicht richtig auseinandersetzen.
Welche Möglichkeiten haben sie denn, nach dem Abschluss hier zu bleiben?
Sie können zur Arbeitssuche in Deutschland bleiben. Die Aufenthaltserlaubnis kann bis zu 18 Monate zur Suche eines dem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes verlängert werden. Es gibt aber noch eine Reihe von Restriktionen, die, auch mit Blick auf den demografischen Wandel, verändert werden müssen. So gibt es einen Nachbesserungsbedarf beim Zugang zum Arbeitsmarkt während und nach dem Studium. Dieser müsste erleichtert werden. Es geht immerhin um potenziell hochqualifizierte Zuwanderer, die für Deutschland einen großen Mehrwert haben. INTERVIEW: JÖRDIS FRÜCHTENICHT
17 Uhr, in der Krimibibliothek der Zentralbibliothek, Am Wall 201
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