Antje Schiffers, Sprengel-Preisträgerin: Die Fernwehkünstlerin
ANTJE SCHIFFERS, 40, wurde in Heiligendorf bei Wolfsburg geboren und lebt zwischen ihren Reisen in Berlin. Foto: Sprenger
Für die Unternehmensberater von Roland Berger muss das Geschäftskonzept der Künstlerin Antje Schiffers ein schwieriger Fall gewesen sein. Tauschhandel? Arbeit gegen Kost und Logis? In Ländern wie Kasachstan, Usbekistan oder Mexiko? Immerhin war da noch die hannoversche Firma ContiTech, die Schiffers als Werkskünstlerin engagierte. Oder eben Roland Berger, für den Schiffers ein Gemälde anfertigte – und im Gegenzug eine Strategiekonzeption erhielt. Ergebnis: Sie arbeite zu billig. Eindeutig.
Gestern nun bekam Schiffers, geboren 1967 in Heiligendorf bei Wolfsburg, den Sprengel-Preis 2007 für Bildende Kunst der Niedersächsischen Sparkassenstiftung. Der ist mit 12.500 Euro dotiert und verbunden mit einer Ausstellung, die ab heute im Sprengel Museum in Hannover zu sehen ist. Schiffers künstlerisches Konzept besteht darin, die Welt zu bereisen und Bilder zu malen, die die Menschen vor Ort von ihr gemalt haben wollen. Im Gegenzug gibt es Kost und Logis. Oder eine Beratung. Oder kleine, mit Bedeutung aufgeladene Geschenke – eine leere Plastikflasche beispielweise oder eine getippte Familiengeschichte.
„Der Tauschhandel“, sagt Schiffers, „ist für mich eine ethnographische Methode. Es geht ums Erforschen, ums Erkunden, darum, sich etwas zu nähern.“ Dieses Jahr sei sie mehr als die Hälfte der Zeit auf Reisen gewesen – „es geht für mich darum, immer wieder aufzubrechen und etwas Neues, anderes zu machen“. Ihre Erlebnisse von unterwegs dokumentiert sie unter anderem im Internet in Form von Zeichnungen, erzählerischen, tagebuchartigen Texten und Fotos. „Es ist ein Wagnis zwischen Auftragsarbeit und freier Arbeit“, sagt Gabriele Mackert, die die Gesellschaft für Aktuelle Kunst in Bremen leitet und die Laudatio auf Schiffers hielt. „Schiffers stellt die Frage nach dem Wert eines Werkes und nach dem Sinn und Zweck der Kunst.“
Die Ausstellung im Sprengel-Museum wird einen Überblick geben über die verschiedenen Projekte. Nicht ganz einfach, weil Schiffers ihre Arbeiten ja vor Ort belässt. Aber was bleibt, sind kommentierten Listen mit Erzählungen – und Originale in Form von Leihgaben. Klaus Irler
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