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KOMMENTAR: JAN KAHLCKE ÜBER DEN SKANDALFALL SCHWARZ-GELB IN KIELAm Rande der Legitimität

Kaum eine gewählte Regierung in Deutschland war je schwächer legitimiert

Es ist ein unwürdiges Schauspiel, wie das schwarz-gelbe Interregnum in Kiel zu Ende geht. Auf Biegen und Brechen boxen CDU und FDP hoch umstrittene Liberalisierungen bei öffentlichen Sparkassen und beim Glücksspiel durch. Sie scheren damit aus dem Konsens der Bundesländer aus und schaffen Fakten, die nicht zurückzudrehen sein werden.

Man muss sich noch mal vor Augen führen, was für eine Regierung da eigentlich im Amt ist: Die parlamentarische Mehrheit ist so hauchdünn wie nur denkbar – und würde das Wahlgesetz dem Wählerwillen zur Durchsetzung verhelfen, wäre sie nie zustande gekommen. Es hat in Deutschland wohl kaum je eine gewählte Regierung gegeben, die schwächer legitimiert gewesen wäre als diese.

Es gehört schon eine gehörige Portion Frechheit dazu, unter solchen Umständen überhaupt weiter zu regieren und nicht sofort Neuwahlen auszuschreiben. Mindestens hätte der politische Anstand aber geboten, die politischen Leitlinien mit der Opposition abzustimmen – oder sich vornehm zurückzuhalten.

Ganz unschuldig sind SPD und Grüne allerdings nicht: Sie haben nicht nur versäumt, die illegitime Regierung zu skandalisieren, sondern ihr auch noch mit Stimmenthaltung den Steigbügel gehalten, wenn ein Abgeordneter der Koalition krank war. Sogar noch, als Carstensens Kronprinz von Boetticher wegen der Affäre mit einer Minderjährigen unpässlich war.

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