: „Ich bin keine Bauchkandidatin“
■ Anna Bruns im taz-Interview über ihre Kandidatur um den Spitzenplatz gegen Krista Sager
taz: Frau Bruns, warum kandidieren Sie gegen Krista Sager um den Spitzenplatz auf der Wahlliste der GAL?
Anna Bruns: Weil ich eine überzeugende Kandidatin bin, die für eine gute Politik steht.
Das sagt Krista Sager von sich auch.
Ja, gut. Aber wir haben unterschiedliche Schwerpunkte. Ich bin der Meinung, daß die wichtigen, die sogenannten „harten“Themen die der gesellschaftlichen Entwicklung und Reformen sind: Die wachsende Spaltung der Gesellschaft, die Minderheiten, die an den Rand Gedrängten und die Frage der sozialen und politischen Gleichberechtigung: Das sind Themen, die man nicht einfach unter wirtschafts- und finanzpolitischen Vorbehalten sehen darf. Krista hat da andere Gewichtungen, sie ist doch eher Technokratin.
Und Sie sind die Therapie fürs linke Gemüt in der GAL?
Nein. Eine Bauchkandidatin bin ich bestimmt nicht. Der Entschluß ist sorgfältig überdacht ...
Und hat zu einer sehr kontroversen Debatte in der Partei und in der Öffentlichkeit geführt.
Das ist auch gut so. In einer demokratischen Organisation sollte interne Demokratie selbstverständlich sein. Die GAL ist keine Abnick-Partei. Wären wir das, säßen wir schon wie andere Hamburger Parteien in der Falle des Konformismus und politischer Marketingstrategien.
Politische Beobachter raunen, die Entscheidung zwischen Anna Bruns und Krista Sager sei eine Entscheidung zwischen 9 und 19 Prozent bei der Bürgerschaftswahl.
Ich bin sicher, daß eine Spitzenkandidatin Anna Bruns kein Hindernis für ein überzeugendes Wahlergebnis im September ist. Jedes Prozent ist wichtig für eine rotgrüne Reformpolitik; die GAL darf sich aber nicht inhaltlich verstecken für ein paar Stimmen mehr oder weniger.
Von wegen Rotgrün: Wollen Sie genauso gerne auf die Senatsbänke wie Krista Sager?
Natürlich bin ich keine Verhinderin einer rotgrünen Regierung in Hamburg, wenn diese sich inhaltlich sinnvoll füllen läßt. Wir würden die gleiche gute Arbeit machen wie jetzt als Opposition, aber mehr Macht haben, um unsere Politik auch umzusetzen. Das wäre für diese Stadt nur gut.
Ihre Kontrahentin ist gegen grüne „Knackpunkte“, weil sie ein „Verhinderungskatalog“seien. Wäre im Falle von Koalitionsgesprächen mit der SPD nach der Wahl auch für Sie alles verhandelbar?
Es wird keine Knackpunkte geben, darin sind wir uns einig. So hat es auch die Mitgliederversammlung im März beschlossen: „Ein etwaiges Verhandlungsergebnis wird in seiner Gesamtheit bewertet.“Das schließt natürlich mit ein, daß ein klares grünes Profil erkennbar sein muß.
Zunächst mal gilt es aber, auf der heutigen Wahlversammlung überhaupt gewählt zu werden. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Das ist völlig unkalkulierbar. Vermutlich wird es mal wieder eine Veranstaltung sein, die stark von der Stimmung abhängt. Da ist alles möglich.
Auch Anna Bruns als zweite Spitze hinter Krista Sager?
Ja, natürlich.
Fragen: Sven-Michael Veit
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Porträt Anna Bruns auf Seite 11
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