Der Feuerwehrmann

Es brennt in der CDU. Löschen muss Jürgen Rüttgers allein

Wenn es um die Macht geht, zitiert Jürgen Rüttgers auch gern Gerhard Schröder. „Da will ich rein“, sagt er dann und zeigt vom Landtag auf das Düsseldorfer Stadttor, Sitz der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei. Doch auf dem Weg in die Regierungszentrale brennt es. Rüttgers könnte zum zweiten Mal zu scheitern, dem CDU-Spitzenkandidaten droht das vorzeitige Ende der Politkarriere – auch durch die Disziplinlosigkeit der eigenen Parteifreunde.

Denn der von Rüttgers nach den Parteispenden- und Filzaffären um die Christdemokraten Blömer, Arentz und Meyer erhoffte kraftvolle Neustart in den Landtagswahlkampf fällt vorerst in‘s Wasser: Zuerst meldet sich CDU-Wirtschaftsfachmann Reinhard Göhner mit massiver Kritik an Rüttgers‘ Energiepolitik zu Wort. Die heimische Steinkohle sei unverzichtbar, glaubt der frühere Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Besonders das Ende des so genannten Hüttenvertrages, der die Kokskohleproduktion förderte, sei ein industriepolitischer Fehler ersten Ranges gewesen, so der Bundestagsabgeordnete jetzt. Göhner vertrete eine Einzelmeinung, muss Rüttgers kontern. „Die nordrhein-westfälische CDU will die Halbierung der Steinkohlesubventionen bis 2010. Dabei bleibt es.“ Der Kandidat als Feuerlöscher: Die CDU wolle in die Zukunft investieren und nicht in die Vergangenheit, arbeitet Rüttgers das Image des Modernisierers ab.

Dann der nächste Brand: Offen stellt Michael Glos, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Berliner Bundestag, den Sieg der Christdemokraten im größten Bundesland in Frage – und CDU-Bundesparteichefin Angela Merkel gleich mit. Führungsansprüche müsse auch Merkel „immer wieder in Wahlen beweisen“, mahnt der Bayer im Vorfeld der traditionellen CSU-Fraktionsklausur in Kreuth. „Michael Glos soll sich „mal keine Sorgen machen. Wir gewinnen die Wahl“, versucht der Kandidat zu löschen. Die Union dürfe aber weniger intern zündeln, stattdessen „Rot-Grün wieder stärker“ angreifen, sagt Rüttgers.

Auch CSU-Chef Edmund Stoiber stützt Merkel – und verschüttet Benzin auf Rüttgers‘ Kosten. In NRW und Schleswig-Holstein stünden Landtags- „und nicht vorgezogene Bundestagswahlen“ an. Die einkalkulierbare Niederlage wäre keine Katastrophe, soll das wohl heißen. Schon eineinhalb Jahre vor der Bundestagswahl wird die Union nicht nur in Nordrhein-Westfalen immer nervöser.

Kleinere Brandherde fallen da schon gar nicht mehr auf. Selbst Rüttgers‘ Nominierung zum CDU-Direktkandidaten im Erftkreis ist ungültig – beim Landeswahlleiter ist eine Beschwerde wegen mangelnder Geheimhaltung eingegangen: Wie immer hatten die Christdemokraten die Aufstellung einer Wahlkabine vergessen, gewählt wurde schriftlich am Tisch. „Während die SPD gewinnen will, schauen bei uns alle zu, wie Rüttgers arbeitet – und scheitern könnte“, klagt einer seiner Vertrauten bereits. Doch wenn der Kandidat scheitert, dann wenigstens nicht an Formalia: Rüttgers‘ Nominierung wird wiederholt. Mit Wahlkabine, versteht sich.

ANDREAS WYPUTTA