■ Vorschlag: Arsenal (2): „Wir wären so gerne Helden gewesen“ von B. Metselaar
„1984 hatte ein Holländer die Freundlichkeit und auch die Liebenswürdigkeit, mich zu heiraten.“ Kurze Zeit später passierte Barbara Metselaar, die in Leipzig Photographie studiert hatte, die innerdeutsche Grenze. Im Westen arbeitete sie als Kamerafrau und hat jetzt ihren zweiten Film gemacht: über die Freunde, mit denen sie damals in Leipzig und in Prenzlauer Berg zusammenlebte. Sehr viele hatten etwa zeitgleich „rübergemacht“ und führen heute in Alt-und Neu-BRD mehr oder weniger normale Existenzen. Doch Ende der Sechziger gehörten sie alle zu einer riesigen Clique, die sich mit exzessiven Partys, Alkohol und freiem Sex vorgenommen hatte, die DDR-Gesellschaft zu verändern. Es sei eine Art Woodstock gewesen, ein Lebensgefühl wie Eric Rohmer auf Osten. Bevor sie ausreiste, porträtierte sie ihre Freunde als 30jährige in Schwarzweiß. Die Gesichter und Straßenszenen sind in den Achtzigern melancholisch geworden, man sieht ihnen die verblassenden Träume an.
Metselaar hat einen sehr privaten Film gemacht – das macht seine Stärke aus, erklärt aber auch filmische Schwächen. Als Außenstehende braucht man Geduld, um sich im Reigen der vielen fremden Freunde zu orientieren, aber dann wird man neugierig auf diese Leute, die so gar nicht zum Medienbild der Ostler passen. Vor allem die Frauen, die heute mit Lehraufträgen in Kalifornien oder als Gestalterin im Wattenmeer-Museum in Wilhelmshaven leben, erzählen sehr lebhaft und gar nicht verbittert über das, was vor allem den Westlern angeblich so schwer zu vermitteln ist: daß man in der DDR durchaus glücklich sein konnte, welche Schwierigkeiten die „Republikflüchtlinge“ den Bleibenden machten, warum nicht alle IMs Schweine sind und wie arrogant linke Westler DDRlern gegenüber schon vor zehn Jahren waren. Man wünscht sich, der Film würde in der realen Kneipe nebenan weitergehen. Dorothee Wenner
Heute, 21 Uhr (mit Diskussion), Arsenal, Welser Straße 25
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen