■ Abtreibungsgegner siegen beim Republikaner-Konvent: Nur die Rechte macht Druck
Die Meldung ging im Medienwirbel um den Republikaner-Parteitag fast unter: Am 8. August untersagte der republikanische Gouverneur von Arkansas, die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch eines 15jährigen Mädchens zu übernehmen, die von ihrem Stiefvater vergewaltigt worden war.
Ein extremer Einzelfall? Keineswegs. Sondern ein symptomatisches Beispiel dafür, welche Konsequenzen die wachsende Macht der christlichen Rechten an der republikanischen Parteibasis – und damit im Leben der betroffenen Frauen – hat: Die ohne Geld und private Krankenversicherung trifft es zuerst – auf daß die Pfuscher wieder Konjunktur haben.
In San Diego feierten zur gleichen Zeit die selbsternannten Lebensschützer ihren Sieg über den konfliktscheuen moderaten Parteiflügel. Ihr Erfolg in der Debatte um das Programm ist dabei weniger wichtig als ihr Diktat in der Personaldebatte: Bob Dole mußte sich für einen radikalen Abtreibungsgegner als Vizekandidat entscheiden. Andernfalls wäre es aus gewesen mit der Harmonie vor laufenden Kameras.
Kaum zu glauben, aber wahr: Die „Grand Old Party“ war einst nicht nur die Partei Abraham Lincolns und der Bewegung gegen die Sklaverei, sondern auch die der Frauenrechtlerinnen. Es war ein von Republikanern dominierter Kongreß, der das Wahlrecht für Frauen verabschiedete. Es waren die Republikaner, die 1940 – vier Jahre vor den Demokraten – die verfassungsrechtliche Gleichstellung der Geschlechter forderten. Und bis in die frühen achtziger Jahre war es prominenten Republikanern, darunter George Bush, durchaus selbstverständlich, für das Recht der Frau auf einen Schwangerschaftsabbruch einzutreten.
Auf der viertägigen Propagandashow in San Diego hingegen wagte es nur noch Colin Powell, seine Unterstützung für die Entscheidungsfreiheit der Frau zu erklären. Es war das einzige Mal, daß Delegierte Buhrufe ausbrachten. Und wo war die Frauenbewegung? Die demonstrierte in Dutzendstärke artig auf einem eingezäunten Parkplatz, den die Parteitagsorganisatoren als „Protestzone“ zur Verfügung gestellt hatten. Moral von der Geschichte: An der Basis entsteht die Bewegung. Diesen Grundsatz beherzigt in den USA derzeit nur die Rechte. Andrea Böhm
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