: Und der Günther, der hat Zähne
■ Was verbindet James Bond mit Martin Bormann? Ein Geheimnis und zwei Leichen
Berlin (taz) – Man nehme alle Indizien, die der gesammelten Forschung bislang als Beweis galten, behaupte, sie seien geniale Täuschung, denke sich eine schöne Geschichte aus, und schon ist das Gegenteil bewiesen. Das ist die Methode des britischen Autors mit dem Pseudonym Christopher Creighton, der die deutsche Übersetzung seines neuen Buches über den Fall Martin Bormann gestern in Berlin vorstellte.
Die schöne Geschichte: Der Hitler-Stellvertreter und Leiter der NS-Parteikanzlei Martin Bormann starb nicht in den ersten Maitagen 1945 in Berlin. Sondern der britische Geheimdienst brachte ihn nach England. Der britische Kriegspremier Winston Churchill gab persönlich die Order für diese Operation „James Bond“. Der Autor selbst war beteiligt, die Gesamtleitung hatte Ian Fleming, der spätere Autor der nach der gelungenen Aktion benannten James- Bond-Romane. Das Ziel: Bormann sollte den Briten Zugang zu dem auf Schweizer Nummernkonten eingelagerten NS-Parteivermögen verschaffen. Nach dem Krieg lebte Bormann in Großbritannien und starb 1989.
Um das glaubhaft erscheinen zu lassen, muß der Autor glaubhaft erklären, wieso der ehemalige Reichsjugendführer Arthur Axmann die Leichen Bormanns und des Hitler-Leibarztes Dr. Ludwig Stumpfegger am 2. Mai 1945 an der Berliner Invalidenstraße liegen sehen konnte. Die Aussage Axmanns war Ende 1972 durch den Fund zweier Skelette bestätigt worden, wovon eines zweifelsfrei als das von Stumpfegger identifiziert wurde – während bei dem anderen mit „großer Sicherheit“ davon ausgegangen wurde, daß es Bormann war. Die Todesursache Bormanns war unklar geblieben – halb sprach man davon, er sei einer Granate zum Opfer gefallen, halb hieß es, er habe Zyankali geschluckt. Bormann wurde im April 1973 offiziell für tot erklärt.
Creighton weiß eine Lösung. Ein Doppelgänger Bormanns mit Namen Otto Günther, gefunden unter deutschen Kriegsgefangenen in Kanada, sei in Großbritannien gesichtschirurgisch und zahnmedizinisch behandelt worden, um wie Bormann auszusehen. Günther sei dann in den letzten Kriegstagen nach Berlin gebracht worden, mit dem Ziel, ihn an einem möglichst öffentlichen Platz umzubringen, so daß er gefunden werden mußte. „Ich entsicherte die Pistole und richtete den Lauf in Brustkorbhöhe auf Günthers Rücken“, beschreibt Creighton die Aktion. „Mein Finger spannte den Hahn. In diesem Augenblick erhielt einer der deutschen Panzer direkt vor uns einen Volltreffer. Mit gewaltigem Getöse explodierte er in einem Feuermeer. Die ihm am nächsten standen, Günther und Stumpfegger, erwischte die Explosion mit voller Wucht ... Noch ehe ich mich vergewissern konnte, ob er (Günther) tot war, schubste mich Bormann beiseite, kniete sich neben ihn und prüfte schnell sein Gesicht. Dann nahm er etwas aus der Tasche und führte sein Gesicht zu Günthers Mund.“
Damit ist die Geschichte schlüssig. Günther war tot, Axmann konnte ihn als Bormann gesehen haben, und er starb sowohl durch eine Granate als auch durch eine Kapsel Zyankali, die der echte Bormann ihm zur Sicherheit noch in den Mund schob. Der, so das dolle Finale des Buches, habe dann sogar noch sein eigenes Urteil bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen angehört – auf der Ehrentribüne, in Begleitung des britischen Geheimdienstlers Desmond Morton und getarnt als britischer Major. Bernd Pickert
Christopher Creighton: „Operation James Bond. Das letzte große Geheimnis des Zweiten Weltkriegs“. Econ Verlag, 39,80 DM
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