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Haftverschonung für den Steintor-Hanf

■ Hanfkontor von Polizei heimgesucht: Pflanzen unterhalb der Rauchqualität vorerst nicht beschlagnahmt

Zwei Jahre lang durften die prächtigen Pflanzen in einem Bremer Schaufenster gedeihen – am letzten Donnerstag war es so weit. Zwei Polizisten des Drogendezernats fielen im Bremer Hanfkontor ein. Ihr Auftrag: Verhaftung von Grünzeug. Haftgrund: Da wuchert Betäubungsmittel. Denn was da im Schaufenster grünte, das war nichts anderes als Cannabis, zu deutsch Hanf, Mutter aller Grasjoints, gut gehegter Zimmerschmuck so mancher StudentInnen- oder Landfreak-Wohngemeinschaft, auf daßsich die Pupillen nach dem Rauchgenuß bis zum Haaransatz weiten. Doch nach längerer Debatte zwischen Polizei und VerkäuferInnen bekam der Hanf doch Haftverschonung. Denn die Sorte ist zur Pupillenerweiterung völlig ungeeignet. Was einige PolizistInnen offensichtlich schon wußten. „Wir hatten öfter mal Polizei im Laden“, erzählt Thomas Weweck vom Hanf-Kontor. „Aber da haben die nur Seile gekauft.“

Der Hanf ist auf dem Vormarsch. Lange war er als Drogenpflanze geschmäht und verboten. Aus ihm lassen sich zwar allerlei Gebrauchsgegenstände von Kleidung bis Shampoo erzeugen, doch das Rauschmittel THC bescherte dem Cannabis einen Dauerplatz auf der Liste der verbotenen Pflanzen. Erst seit Beginn diesen Jahres ist auch Bonn auf die Linie eingeschwenkt, die in anderen europäischen Ländern längst verfolgt wird: Sorten, deren THC-Gehalt unter eine Kiffergrenze von 0,3 Prozent gezüchtet wurden, dürfen angebaut werden – und werden von der Europäischen Union sogar mit bis zu 1.500 Mark pro Hektar gefördert. In Deutschland ist der Anbau allerdings noch eine hochkomplizierte Angelegenheit. Das Saatgut muß von der EU zertifiziert sein. Anbieter sind rar. Und angemeldet werden muß der Anbau sowieso.

Das Dumme ist nur: Man sieht's der Hanfpflanze nicht von außen an, welchem Zweck sie nach der Ernte dienen soll. Man kann den Versicherungen des Bauern glauben, von dem die Pflanze kommt, aber genau weiß man's erst nach einer aufwendigen Analyse. Bekleidung oder Rausch, das wird zunehmend die Frage für die Ordnungskräfte, und das war auch die Frage für die Bremer Polizei am Donnerstag. Im Bremer Hanfkontor standen die Pflanzen zwar einerseits zur Dekoration, andererseits werden auch Setzlinge verkauft. „Aber eben nur Faserhanf“, versichert Weweck. Mit Zertifikat.

In Süddeutschland wurde so manche Pflanze ohne Ansehen der Drogenfähigkeit verhaftet und vernichtet. Schon laufen die ersten Schadenersatzprozesse. Und erst vor wenigen Wochen wurden im Oldenburger Hanfladen Pflanzen mitgenommen – trotz des Zertifikats, das der Erzeuger beigegeben hatte. Schließlich schlug die Delmenhorster Polizei Ende August bei Brigitte Staffelt zu und mähte hundert Pflanzen ratzekahl nieder. Mangels Masse. „Ich kann den Anbau nicht anmelden“, beschwerte sich die Frau gestern, „ich bin nur Nebenerwerbs-Landwirtin. Da nehmen die die Anmeldung gar nicht erst an.“

„Wir hatten gedacht, die Bremer sind weiter“, sagte nun Thomas Weweck enttäuscht. Die Sache liegt nun bei der Bremer Staatsanwaltschaft, hieß es gestern aus dem Polizeipräsidium. Zuerst hatten die Drogenfahnder einer presseöffentlichen Diskussion um den Hanf zugestimmt, die gestern nachmittag stattfinden sollte. Doch dann bekamen sie Order von oben und mußten absagen. J.G.

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