: Moonboots im Juni
■ Küppersbusch im Fälscher-Prozeß: Nicht auf ZAK gewesen
Natürlich ist Michael Born (38) ein Betrüger, denn er hat diversen politischen Fernsehmagazinen gleich serienweise selbstproduzierte Fakes verkauft. Natürlich ist er auch ein routinierter Abzocker, auch wenn er dem Vorsitzenden Richter der Strafkammer am Landgericht in Koblenz, Ulrich Weiland (45), immer wieder beteuert, nur aus hehren politischen Motiven gefälscht zu haben. Das sieht der erste prominente Zeuge, der ZAK-Moderator Friedrich Küppersbusch etwas anders: „Volkstheaterstücke“, die Born „auf Videotapete genagelt“ hat, nennt er die gefakten Beiträge, denen er zweimal aufsaß. Einen davon hatte Born der in der Branche als pfiffig geltenden ZAK-Redaktion 1993 angedreht. Der Film zeigte die vermeintliche Flucht vier schiitischer Kurden aus dem Irak über die verschneite österreichisch-deutsche Grenze bei Salzburg und den Schriftzug „Grenzübergang Roßfeld, 1. 6. 1991, 23.30 Uhr“. Schnee im Juni?
„Wir haben Mist gebaut“, räumte Küppersbusch denn auch vor Gericht ein. Die Sicherungssysteme der Redaktion hätten versagt. Zwar wurde damals extra ein Redakteur von ZAK abkommandiert, den Beitrag des neuen freien Mitarbeiters auf Herz und Nieren zu prüfen. Und weil in dem angeblich Anfang Juni gedrehten Film noch Schnee zu sehen war, wurde eigens das österreichische Wetteramt konsultiert. Doch Born kam mit seinem Material und der Beteuerung, daß der Streifen in 1.800 Meter Höhe gedreht worden sei, glatt durch. Daß die angeblichen Flüchtlinge dann bei ihrer Ankunft in Köln alle Moonboots trugen, fiel „Kontrolleur“ Klaus Werner zwar auf, doch der vom Wetteramt in Österreich bestätigte Kälteeinbruch war für Werner auch dafür Erklärung genug: „Das mußte ja schnell gehen mit den Flüchtlingen. Und da hatten die keine Zeit, das Schuhwerk zu wechseln.“
Nachdem ZAK den Beitrag ausgestrahlt hatte, machten ZuschauerInnen die Redaktion darauf aufmerksam, daß der Film schon einmal gezeigt wurde – bei Tele 5. „Da haben wir noch geglaubt, daß wir nur kaufmännisch gelinkt wurden“, sagte Küppersbusch vor Gericht. Dennoch habe die Redaktion anschließend über die Schaltkonferenz der ARD auch alle anderen Sendeanstalten vor Born gewarnt. Küppersbusch: „Darauf führe ich es zurück, daß bei den Sendeanstalten der ARD keine Filme mehr von Born gezeigt wurden.“ Als Küppersbusch dann noch anmerkte, daß über eine freundschaftliche Beziehung eines Redakteurs von ZAK zu einem Mitarbeiter von Stern TV auch die private Konkurrenz Wind vom windigen Filmemacher bekommen haben könnte, spitzten Borns Verteidiger die Ohren: Denn dann hätte die Redaktion von Stern TV durchaus wissen können, daß ihnen aufbereitetes Altmaterial oder komplette Fakes angeboten wurden. Darunter z.B. der Krötenfilm, in dem ein Freund von Born statt einem rauscherzeugenden Sekret Kondensmilch von einem warzigen Tierchen schleckte, und für den der Fälscher satte 20.000 Mark kassierte.
Schlechte oder skrupellose Journalisten, denen es beim Ankauf des gefälschten Materials nur um die „Sensation“ gegangen sei – das sind die beiden Rollen, die Born und seine Verteidiger den verantwortlichen Redakteuren der politischen Magazine zugedacht haben. Und die sollen oder müssen sich eine davon aussuchen. Noch ist in Koblenz mit Gerd Berger, dem jetzigen Chefredakteur von Pro 7, erst ein Exmitarbeiter von Stern TV als Zeuge aufgetreten. Doch der gab sich arglos. Berger vor Gericht: „Daß Born ein Fälscher war, habe ich bis zu dieser Verhandlung nicht gewußt.“ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
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