■ Ex und hopp: Wolleschaukel lebenslang
Wie blöd! Wie blöd war es doch, die astreine Waschmaschine nach dem vorletzten Umzug zu verkaufen! Jetzt gehen langsam die sauberen Klamotten aus. Doch das wäre nicht das Schlimmste. Viel schlimmer: Wer will schon wegen Unterhosen, Socken, T-Shirts die allerweitreichendsten Lebensfragen entscheiden? Ein Bund fürs Leben wegen einer Waschmaschine?
Wenn zwei Herren ein Haushaltsgerät anschaffen, dann will die Kaufentscheidung selbstverständlich auf quasi wissenschaftliche Füße gestellt werden, denn erstens soll die Waschmaschine technisch und vor allem ökomäßig top sein, andererseits wollen wir natürlich nicht arm werden. Starten wir also eine Experten-Befragung, in dem Fall irgendwie fast naturwüchsig eine Expertinnen-Befragung. Die Damen geben gerne Auskunft. „Denkt an die Umdrehungen! Sonst kommt die Wäsche so naß raus, daß ihr sie wochenlang trocknen müßt“, rät Frau C. Geht klar, denken wir dran. „Kauft bloß nicht eine von der Firma B.“, quakt die passionierte Waschmaschinistin J. dazwischen. „Ich hatte mal eine, die war schon nach zehn Jahren im Arsch! Kauft von der Firma Q.“ Schon? Und wenn wir dann noch einen Blick ins Heft der Stiftung Warentest werfen, dann stürzt es uns vollends in grundsätzliche Fragen der Lebensplanung.
Kaufen wir lieber das Sonderangebot der Firma B. (nach zehn Jahren im Arsch!), dem auch die Tester in Sachen Lebensdauer nur ein „befriedigend“ ins Zeugnis geschrieben haben? Oder schaffen wir doch lieber die gepriesene Weißware der Firma Q. an, die praktisch lebenslang hält, aber ein bissel mehr Wasser und Strom verbraucht? Lebenslang – plötzlich schwebt ein Wort im Raum und läßt uns wohlig erschaudern. Aus weiter Ferne hören wir Heidi Brühl singen: „Wir wollen niemals auseinandergehn“. Und wir denken an die wunderbaren Werbeinformationen der Firma B.: „Unwuchtkorrektursystem“ – was für ein Versprechen für das Zusammenleben! Kann man sich mehr wünschen? „Schaumkontrolle“ – hach! Und am allerbesten: „Wolleschaukel“! Lebenslang Wolle schaukeln! Draußen klirrender Frost, wir sitzen betagt und grau in der warmen Stube und unsere geliebte Begleiterin B. schaukelt Wolle. – Wollen wir heiraten, Schatz?
Wollen wir nicht! Deshalb ist immer noch keine Waschmaschine gekauft, deshalb wird es jetzt langsam eng mit Unterhosen, Socken, T-Shirts. Wäre da nicht die lebenskluge Kollegin S.: „Ist doch egal, was ihr kauft. Wenn nach fünf Jahren die Garantie abgelaufen ist, dann geht eh erstmal alles kaputt.“ Da sind wir aber froh. J.G.
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