: Für die Unis wird es noch härter
■ Unis wehren sich gegen den harten Sparkurs des Senats. Radunski: Selbst 85.000 Studienplätze sind kaum zu halten. Ausbau der Charite nur teilweise gesichert
Für die Präsidenten der Universitäten sind die schlimmsten Befürchtungen eingetroffen. Ihr Etat soll nach dem Beschluß der Senatssparklausur bis zum Jahr 2000 um weitere 150 Millionen Mark gekürzt werden. Berücksichtigt man die bereits in den letzten Jahren beschlossenen Einsparungen, müssen die Universitäten bis zum Jahr 2003 insgesamt 750 Millionen Mark einsparen.
Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) versuchte gestern, dem Aderlaß eine positive Seite abzugewinnen: „Als einziger Bereich erhält das Wissenschaftsressort die Garantie, daß in dieser Legislaturperiode keine weiteren Einsparungen zu erbringen sind.“ Die Unipräsidenten sollten die „einmalige Chance“ ergreifen, diese Planungssicherheit in einem Vertrag mit dem Senat zu regeln.
Doch die Vertragsverhandlungen mit den Universitäten drohen zum nächsten Nervenkrieg zu werden: TU-Präsident Dieter Schumann erklärte gestern zunächst, daß aufgrund der neuerlichen Sparauflagen „die gemeinsame Basis für einen Vertrag hinfällig geworden sei“.
Und auch die Humboldt-Uni probt den Aufstand: In den Verhandlungen mit Radunski sollen auch die „illusionären Einsparungen“ auf den Tisch kommen, kündigte HU-Sprecherin Michaela Harnisch an.
Strittig ist auch die Beteiligung der Universitäten an den Erlösen etwaiger Immobilienverkäufe. Mit dem Verkauf ihrer Liegenschaften sollen die Unis in den nächsten Jahren die Finanzlöcher stopfen. Während Senator Radunski betonte, er habe in den Verhandlungen erreicht, daß die Universitäten vierzig Prozent der Verkaufseinnahmen behalten dürfen, fordern die Unis nach wie vor fünfundsiebzig Prozent.
Zumindest für die TU entpuppt sich die Verkaufsoption als leeres Versprechen: Sämtliche Liegenschaften der Uni gehören dem Land Berlin. Und auch an der FU ist man skeptisch: „Solange wir keine Ausweichquartiere haben, können wir keine Institutsvilla verkaufen“, so FU-Sprecher Uwe Nef. Als Alternative käme das ehemalige US-Hauptquartier in Frage, das das Bundesvermögensamt allerdings nicht herausrücken will. Zudem gehörten auch einige der FU-Villen dem Land oder dem Bezirk Zehlendorf.
Der FU-Sprecher befürchtet, daß die Kürzungen an den Unis zu einer „fortschreitenden Vergreisung“ führen, da Stellen im Mittelbau kaum noch besetzt werden könnten. Man versuche aber, einen minimalen „Einstellungskorridor“ für den universitären Nachwuchs offen zu halten.
Angesichts der Kürzungen befürchtete selbst der Wissenschaftssenator, daß die Zahl von 85.000 Studienplätzen kaum zu halten sein wird. Zufrieden sei er mit dem Ergebnis nicht, räumte Radunski ein. Er wies aber darauf hin, daß die außeruniversitäre Forschung ungeschoren davonkomme. Auch das Forschungsinstitut für Angewandte Chemie in Adlershof (ACA) sei nun gesichert, ebenso die Finanzierung für zwei weitere Institute in Adlershof. Dort sei lediglich der Umzug der ChemiestudentInnen der Humboldt-Uni auf das Jahr 2000 verschoben worden.
„Lange, sehr harte Verhandlungen“ habe es um den Ausbau der Charité gegeben, so Radunski. Es könne nur ein Teil des vor zwei Jahren zugesagten 800 Millionen Mark Investitionsprogramms verwirklicht werden.
Dem Universitätsklinikum Charité wurde mit der Investitionszusage die Fusion mit dem Virchow-Klinikum schmackhaft gemacht. Auf unbestimmte Zeit verschoben ist die Sanierung der Gebäude der Pathologie und der Zentralküche. Immerhin wird die Abteilung für Innere Medizin, die Neurochirurgie und die Sterilisation modernisiert.
Für die TU führt der Baustopp der Universitätsbibliothek sogar zu Mehrausgaben, weil dadurch weiterhin Mieträume genutzt werden müssen. Für diese müssen nun jährlich 2,9 Millionen Mark bezahlt werden. Dorothee Winden
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