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Fleisch statt Vieh exportieren

Niedersachsen fordert, daß der Transport von lebendem Schlachtvieh nicht nur zeitlich begrenzt, sondern mittelfristig abgeschafft wird  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Die Sofortmaßnahmen zum besseren Schutz von Schlachttieren beim Transport, die am Donnerstag in Bonn von den Agrarministern der Länder und des Bundes vereinbart worden sind, sieht der niedersächsische Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke nur als Übergangslösung an. Der Schlachttierexport müsse mittelfristig vollständig abgeschafft werden, erklärte der Minister, der nach den Fernsehberichten über Tierquälereien beim Verladen von Tieren im Hafen von Triest als erster von inzwischen fünf Länderministern die Rinderexporte über Italien in den Nahen Osten gestoppt hatte.

In der Agrarministerrunde am Donnerstag hatte Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert zugesagt, daß unverzüglich mit den italienischen Behörden eine Kontrolle durch deutsche Tierärzte in Triest vereinbart würde. Außerdem will Borchert die Dauer von Lebendviehtransporten auf den Straßen begrenzen: Künftig soll jeweils nach acht Stunden Transport eine Erholungspause für die Tiere von mindestens 24 Stunden vorgeschrieben sein. Die entsprechende Verordnung, mit der die Bundesrepublik eine EU-Richtlinie umsetzt, soll Anfang kommenden Jahres in Kraft treten.

Niedersachsen, das mit etwa 80.000 von bundesweit 200.000 jährlich die größte Zahl an lebenden Rindern exportiert, will seinen Boykott des italienischen Hafens Triest erst dann aufheben, wenn dort tatsächlich eine Kontrolle durch deutsche Tierärzte gewährleistet ist. Daß überhaupt in den Nahen Osten aus der EU noch lebende Rinder exportiert werden, führt Funke auf Versäumnisse der Vergangenheit zurück.

„Wenn sich deutsche Schlachtbetriebe rechtzeitig auf die religiös begründeten Anforderungen der Abnehmer im Nahen Osten eingestellt hätten, könnte man den Tieren längst den Transport ersparen, könnte längst Fleisch anstelle von Lebendvieh exportiert werden“, so ein Sprecher des Ministeriums. Er wies darauf hin, daß nach Israel aus der EU schon seit langem anstelle von Vieh koscheres Fleisch exportiert werde. Die noch bestehenden technischen Probleme mit der Kühlung beim Fleischexport in den Nahen Osten seien innerhalb kurzer Zeit lösbar. Landwirtschaftsminister Funke, der seit nunmehr vier Jahren ein Verbot des Schlachtrindertransportes fordert, will am 3. Dezember das Problem ein weiteres Mal mit dem EU-Agrarkommissar Franz Fischler erörtern. Funkes Ziel in diesem Gespräch: Die EU solle künftig keine Erstattungszahlungen mehr gewähren, mit denen Schlachttierexporte Drittstaaten subventioniert werden. Gefördert werden dürfe nur noch der Fleischexport.

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