piwik no script img

■ KommentarIm Glauben gefestigt

Man kann den Eigentümer der Schilleroper nur beglückwünschen: Ohne große Anstrengung hat er sein Ziel erreicht, am Verfall des Gebäudes zu verdienen. Vielleicht wird auch er sich fragen, warum Baudezernent Gero sich ohne Not über die Beschlüsse der Bezirksversammlung hinwegsetzt. Die Antwort dürfte ihn aber weniger interessieren als die WählerInnen und ihre politischen VertreterInnen.

Im Glauben gefestigt vertraut Gero auf den guten Willen des Besitzers, als handle es sich bei einem Sanierungsversprechen um ein religiöses Bekenntnis. Nur ist Gero nicht der Papst und Eigentümer Ehrhardt kein frommer Meßdiener. Nichts hindert Ehrhardt daran, sich ähnlich wie der Wasserturm-Investor im Sternschanzenpark zu verhalten und sich die Sache mit der öffentlichen Nutzung einfach anders zu überlegen.

Außerdem: Die Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen in den – etwas teuren – Behausungen hat schließlich auch seine moralische Berechtigung, oder? Und hat die Ansiedlung und menschenunwürdige Unterbringung von Armen im Stadtteil St. Pauli nicht Tradition? Ja, würden sich diese Menschen in Eppendorf denn überhaupt wohlfühlen?

Ohne Vertrag bleiben Bezirk und Eigentümer viel flexibler. Und wenn die Jahre ohne Kulturzentrum ins Land gegangen sein werden, ist womöglich auch der Baudezernent ein anderer und der neue weder zuständig noch verantwortlich. Das Bedauern wird allerseits groß sein, die Stadt wird es viel Geld gekostet und St. Pauli wird die Chance zur Verbesserung der Lebensqualität verpaßt haben. So schön kann Armutsbekämpfung sein.

Heike Haarhoff/Silke Mertins

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen