: Endspurt im Hamburger Stromonopoly
Noch 1996 sollen große Teile der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) verkauft werden, um die leere Senatskasse zu füllen. RWE und PreußenElektra haben Interesse angemeldet ■ Aus Hamburg Marco Carini
Bei den Hamburgischen Electricitätswerken (HEW) soll es einen Aktienausverkauf geben. Noch „in diesem Jahr“ würde ein großer Batzen HEW-Anteile veräußert, so kündigte Hamburgs Finanzsenator Ortwin Runde (SPD) vergangene Woche an. Die Hansestadt will auf diese Weise die Milliardenlücke im Hamburger Haushalt stopfen. Nach Informationen der taz will die Hansestadt weniger als 50 Prozent der Anteile an dem Energiekonzern halten, der zusammen mit der PreußenElektra (Preag) die schleswig-holsteinischen Atommeiler Brokdorf, Krümmel und Brunsbüttel sowie das niedersächsische AKW Stade betreibt. Um das zum Verkauf stehende Aktienpaket streiten sich nur noch zwei Bieter: Geschäftspartner Preag und die Rheinisch- Westphälischen Elektricitätswerke (RWE). Damit ist das eingetreten, was die atomkritische Hamburger SPD-Linke, für die neben finanz- auch noch energiepolitische Zielsetzungen zählen, um jeden Preis verhindern wollte. Die Genossen befürchten, daß die Minderheitsbeteiligung von einem der beiden größten deutschen Energiekonzerne den in der HEW-Satzung festgeschriebenen Atomausstieg endgültig zur Makulatur verkommen läßt.
Lange sah es so aus, als würden die Aktienpakete nicht zwangsläufig in den Schoß der Atomriesen Preag und RWE fallen. Zu Beginn des hanseatischen Stomonopolys kamen die Topmanager der größten europäischen Energiekonzerne nach Hamburg gereist, um beim Aktien-Poker kräftig mitzumischen. Doch Preag und RWE trieben den Preis der Beteiligung systematisch in die Höhe. Zudem verprellte „das Atomrisiko“ viele Bieter. Denn die rot-grüne Landesregierung in Kiel hat sich die Stillegung der abgetakelten Reaktoren in Brunsbüttel und Krümmel auf die Fahnen geschrieben.
Damit im Finale die PreußenElektra, die über den gemeinsamen Betrieb der vier norddeutschen Atommeiler mit den HEW eng verbandelt ist, auf keinen Fall leer ausgeht, wurden sowohl im Hamburger Rathaus wie in der Preag-Zentrale in Hannover rechtzeitig die Weichen gestellt. So ließ Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) bereits im März durchblicken, daß der Aktiendeal an die Zusage des Käufers gebunden werden könnte, mittelfristig die Reaktoren in Krümmel und Brunsbüttel stillzulegen. Eine solche Vertragsklausel zielt in Richtung Preag. Denn der im Atomstrom-Überangebot schwimmende Energieriese wäre eher als Konkurrent RWE bereit, die Kraftwerke abzuschalten, wenn er dafür einen stärkeren Zugriff auf die Atommeiler in Stade und Brokdorf erhält, die er zusammen mit den HEW betreibt.
Um die bereits im Frühjahr geäußerten Bedenken des Bundeskartellamts zu zerstreuen, haben sich die Preußen-Manager etwas einfallen lassen: Sie gaben ihr Kaufangebot im Verbund mit der Malmöer „Sydkraft“ ab. Beim schwedischen Stromversorger hält die Preag über 17 Prozent der Aktien und verfügt über mehr als 27 Prozent der Stimmanteile – mehr als jedes andere Unternehmen.
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