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Das PortraitGegen die Schludrigkeit

■ Karl Otto Conrady

Als „Pragmatiker“ wird der 70jährige Literaturprofessor Karl Otto Conrady bezeichnet, der am Sonntag zum neuen Präsidenten des westdeutschen PEN-Zentrums gewählt wurde. Conrady setzte sich mit 48 von 84 abgegebenen Stimmen gegen den Schriftsteller Guntram Vesper durch und tritt damit die Nachfolge von Ingrid Bachér an, die entnervt das Handtuch geworfen hatte.

Er soll nun die Wogen glätten, die in der Kontroverse um die Vereinigung der beiden deutschen PEN-Zentren den 500 Mitglieder starken westdeutschen Schriftstellerverband fast zerrissen haben. Die Vereinigungsgegner, die den Ost-PEN wegen seiner Rolle zu DDR-Zeiten für diskreditiert halten, haben inzwischen resigniert oder sind ausgetreten.

Nach einer Urabstimmung im vergangenen September, bei der eine Mehrheit für eine baldige Zusammenführung mit dem Ost- PEN votierte, ist die Entscheidung für den Vereinigungskurs, den Conrady schon allein unter dem internationalen Aspekt als unerläßlich bezeichnete, definitiv gefallen. Als größtes Hindernis auf diesem Weg gilt jetzt die Frage, wie mit jenen Mitgliedern des Ost-PEN verfahren wird, von denen manche zu DDR-Zeiten noch nicht einmal die Charta des internationalen PEN unterschrieben haben sollen.

Neuere deutsche Literatur ist das Fachgebiet Karl Otto Conradys, der seit 1961 Professor zunächst in Saarbrücken und Kiel und zuletzt, bis zu seinem Ruhestand, in Köln war. In Kiel gehörte er zeitweise der SPD-Landtagsfraktion an, heute ist er parteilos. Die Wahl Conradys ist symptomatisch für den Zustand des krisengeschüttelten Literatenclubs, denn im neuen PEN-Vorstand sind kaum noch Schriftsteller zu finden, sondern überwiegend Literaturwissenschaftler, Verleger und Funktionäre.

Bei den Wahlen zum Beirat und in die Kommission, die die PEN-Vereinigung vorbereiten soll, lehnte fast die gesamte schreibende Prominenz, von Burckhard Spinnen über Bodo Morshäuser bis F.C. Delius, die Kandidatur ab – als ob sie fürchteten, ihr künstlerisches Ansehen könne bei einer Mitwirkung im PEN-Vorstand leiden.

Conrady setzt auf einen Neuanfang und formulierte als zukünftige PEN-Schwerpunkte den Einsatz für inhaftierte Schriftsteller in aller Welt und gegen die „verdummende Schludrigkeit der Sprache in den Medien“. Daniel Bax

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