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Alle Jahre wieder – Weihnachtshaß

■ Wie H armoniesucht zu klingender Münze wird / Ab Oktober warnen Schoko-Weihnachtsmänner

Alle Jahre wieder das gleiche Theater. Schon im Oktober stehen die Schokoladen-Weihnachtsmänner in den Regalen der Geschäfte Spalier. Die erste Warnung vor dem Fest. In den Wochen danach verändert sich langsam aber sicher das Stadtbild. Lichterketten, Tannengrün, Engel, Krippenspiele, Weihnachtskugeln, Lametta – Kitsch, der für wenige Wochen eine heile Welt vorgaukeln soll.

„Stille Nacht, heilige Nacht“, krächzt es spätestens Ende November aus den Lautsprechern über den Marktplatz. Harmoniesucht will gefüttert und in klingende Münze umgesetzt werden. Wochenlang quält die Frage nach den passenden Geschenken das unschuldige Gemüt – bis der Verzweiflungskauf dem Spuk ein Ende bereitet. Schließlich ist die noch so geschmacklose Gabe besser als mit leeren Händen dazustehen und Tränen, enttäuschte Gesicher, kurz: einen handfesten Familienkrieg zu provozieren.

Kein Entrinnen gibt es hingegen vor dem weihnachtlichen Besuch bei den Eltern. „Kind, du kommst doch zu Weihnachten“, klingt die flehentliche Bitte schon im Hochsommer aus dem Telefon. Keine Ausrede schützt vor dem festlich gedeckten Tisch mit der steifen Leinendecke, dem kostbaren Geschirr, dem schweren Essen, den unerwünschten Geschenken, dem Tannenbaum, dessen Zweige sich unter dem Gewicht von Lametta biegen.

Der gespielten Harmonie haftet etwas Peinliches an. Kein lautes Wort darf fallen. Das Temperament will im Zaum gehalten werden. Kein Streit, es ist das Fest des Friedens. Zähne zusammenbeißen, ruhig bleiben. Drei Tage lang. „Wir sehen uns doch so selten“ (Wer wird da schon Spielverderber sein wollen). Der Weihnachtsstollen wird, ohne zu murren, geschluckt. Die Weihnachtslieder überhört. Zähneknirschendes Lächeln. Dahinter verbirgt sich nur ein Wunsch: Lieber, guter Weihnachtsmann, bitte verschwinde – und zwar schnell.

Amanda Herzlos

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