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Vorstopper der Sparsenatorin

■ Gesichter der Großstadt: Der SPD-Haushaltsexperte Klaus Wowereit ist der junge Shooting-Star der Sozialdemokraten, der Fugmann-Heesings Haushalt durchsetzen muß

Er ist der schönste Mann im Abgeordnetenhaus. So beschreibt ihn manche Parlamentarierin augenzwinkernd. Klaus Wowereit, 43, der Shooting-Star in den Reihen der SPD-Fraktion, kleidet sich in legerem Schick. Er gibt den seriösen, freundlichen Herren, an dem man nicht vorbeikommt. Anscheinend stets gut gelaunt, begegnet er selbst den hastigen JournalistInnen auf eine gelassene Art. Die bedrängen Klaus Wowereit, seit er haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion und zweiter Vorsitzender des Hauptausschusses ist, mit mehr oder weniger intelligenten Fragen. Der Parlamentsneuling bewältigt das professionell. In der Sache, dem Haushalt, kennt er sich aus. Im Umgang bleibt er auch dann verbindlich, wenn die Fragerei nervig wird.

Wowereit befindet sich, für Berliner Verhältnisse, in einer Art politischer Bilderbuchlaufbahn. Er brachte das Kunststück fertig, der jüngste und dienstälteste Volksbildungsstadtrat zugleich zu sein. Mit 31 kletterte der waschechte Berliner auf diesen Posten. Als er 1995 ins Abgeordnetenhaus gewählt wurde, hatte er in Tempelhof das bezirkliche Bildungsressort elf Jahre geleitet. Mit Finanzen kannte er sich obendrein auch noch aus. Als Referendar war Wowereit, beim Rechnungshof und in der Finanzverwaltung in die fiskalische Lehre gegangen.

Klaus Wowereit ist im System groß geworden, er hat den typischen adiministrativen Werdegang hinter sich: Jurastudium, als Beamter zur Anstellung sammelte er Ministerialerfahrung. Wenn er gewollt hätte, wäre er nach der Wahl Staatssekretär bei der Schulverwaltung von Ingrid Stahmer geworden. Aber das, meint er, wäre ihm zuviel Politik gewesen.

Der Mann ist ledig und sagt zum Thema Freizeit und Hobbys das, was so viele in diesem Geschäft berichten: Er wolle sich neben der Politik den „Freiraum im Kopf bewahren“. Er möchte die Zeit haben, „andere Menschen zu treffen“. Diese Zeit aber fehlt oft genug. Und wenn die Zeit dann da ist, sitzt der Politiker schon mal vor seinem Adreßbüchlein und fragt sich, wenn er schon lange nicht mehr angerufen hat. Gregor Gysi trat als Parteivorsitzender zurück, um, wie er sagte, nicht kulturell zu verarmen. Vorzeigeparlamentarier Wowereit verweist beim Stichwort Kultur auf „Fargo am Samstag“, die Neuköllner Oper und die Geschwister Pfister. In den kommenden zwei Monaten jedoch wird der Mann für die Kultur keine Zeit finden: Der 97er Etat Berlins muß schleunigst durch das Abgeordnetenhaus gebracht werden – schließlich beginnt das neue Haushaltsjahr in 14 Tagen.

Wowereits Aufstieg in eine der wichtigsten Positionen des Abgeordnetenhauses ist freilich nicht allein seinem Können geschuldet. Das Personaltableau der Sozialdemokraten war nach der empfindlichen Wahlschlappe vom Oktober 1995 leergefegt. Da hievte man einen wie ihn gerne auf parlamentarische Schlüsselpositionen. Auch die Parteileiter ist er ziemlich gerade hinaufgeklettert – von der Jugendsünde abgesehen, von der ja fast jeder Juso zu berichten weiß: Irgendwann Anfang der Siebziger bemalte er ein Transparent, auf dem etwas vom „Aufbau des Sozialismus“ stand. Prompt fand sich auch irgendein rechter SPDler, der forderte, den 20jährigen Wowereit aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hinauszuwerfen.

Seine politische Aufgabe definiert er selbst mit Verläßlichkeit. Verlassen kann sich auf ihn die Finanzregentin der Stadt, Annette Fugmann-Heesing (SPD). Mit der unerbittlichen Kassenwartin stimmt er „im Grundsatz überein“. Politische Gestaltungsmöglichkeiten, kopiert er Fugmanns Worte, seien überhaupt nur denkbar, wenn sich Berlin den Mühlstein von Schulden und Zinsbelastung vom Hals reißen kann. „Fugmanns Terrier“, der die konservativen Quertreiber wegbeißt, mag er nicht sein. Das klingt ihm zu unelegant. Wenn schon Vergleiche, dann sieht er sich eher als Fußballspieler: In der Position des Vorstoppers vor der Libera Fugmann- Heesing auf dem durchlöcherten finanzpolitischen Spielfeld.

Doch das Agieren als Vorstopper und Bremser gegnerischer Angriffe scheint nicht zu reichen, um der immer stärker in die Kritik geratenden Finanzsenatorin den Rücken freizuhalten. Wowereits Haushaltsreden sind brav bis technokratisch. Er spielt, um im Bild zu bleiben, auf kontrollierte Defensive. Dabei spielt Wowereit nicht hart, er tritt bei politischen Gegnern und Verbündeten nicht zu und schon gar nicht nach. Für das parlamentarische Fair play haben andere wenig Verständnis: Sein Widerpart beim christdemokratischen Koalitionspartner, Volker Liepelt, tritt zum Beispiel der Finanzsenatorin permanent auf die Füße. Christian Füller

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