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Die Flucht der schwarzen Fußballer

■ Äthiopiens Nationalmannschaft erklärt die Gründe für ihr Asylgesuch in Italien

Rom (taz) – Belayneh Aschalew guckt verwundert. Nein, er bereue es überhaupt nicht, daß er nicht mehr in seine äthiopische Heimat zurückkehrt. „Hier“, sagt er, „bin ich frei.“

Belayneh ist einer von sechzehn Spielern der äthiopischen Fußballnationalmannschaft, die am Mittwoch in Rom um politisches Asyl baten. Keiner ist älter als 22. Keiner spricht irgendeine nichtäthiopische Sprache. Die italienische Polizei hat sie in einem katholischen Kirchenzentrum im Norden Roms untergebracht. Wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird, was wahrscheinlich ist, werden sie in die geduldete Illegalität abtauchen. Inzwischen sind es nur noch elf: Fünf von ihnen überlegten es sich gestern noch einmal, ließen sich zum Flughafen fahren und baten die Polizei um eine Rückflugmöglichkeit.

Die jungen Männer sind nervös und euphorisch überdreht. Ihre Flucht haben sie gemeinsam monatelang geplant. In Italien, wo sie sich auf dem Weg zu einem Länderspiel in Marokko befanden, war der Moment günstig: Sie hatten zum ersten Mal ihre Pässe dabei, und in Europa ist ihnen Aufmerksamkeit gewiß. Auf die Frage, warum sie um Asyl bitten, kurbeln sie alle dieselbe Antwort herunter: „Aus politischen, religiösen und ethnischen Gründen.“

Die meisten von ihnen gehören zum Amhara-Volk, das in Äthiopien jahrhundertelang regierte. Einige sind Oromos – die größte äthiopische Volksgruppe, der bislang kein Regime ein entsprechendes politisches Gewicht zugebilligt hat. Keiner gehört zu den Tigray, die die Mehrheit der heutigen Regierung stellen. Der einzige Tigray des Teams flog gestern mit einem weiteren Spieler, der seine Frau nicht verlassen wollte, und den Begleitern der Mannschaft zurück nach Äthiopien.

Die Tigray bilden das Rückgrat der „Revolutionären Demokratischen Front des Äthiopischen Volkes“ (EPRDF), die 1991 die kommunistische Mengistu-Diktatur stürzte und ihre Demokratisierungsversprechen inzwischen enttäuscht hat. Bewaffnete Gruppen der Oromos und Somalis kämpfen inzwischen gegen die Regierung. Auch die meist überdurchschnittlich gebildeten Amharas haben Oppositionsgruppen gegründet. Laut amnesty international sind in Äthiopien Tausende von mutmaßlichen Regierungsgegnern ohne Anklage und Gerichtsverfahren inhaftiert.

Auch im Sport übt die Regierung Druck aus. Regierungstreue Funktionäre „säubern“ die Mannschaften. Einer der Spieler, Anteneh Alamirew, erzählt: „Während des Trainings kam der Generalsekretär des Fußballverbandes auf mich zu und sagte mir, daß wir neftegna (Waffenträger) bald nicht mehr gebraucht werden.“ Antenehs Bruder ist ein amharischer Oppositioneller und sitzt im Gefängnis. Ein anderer Spieler hat sich geweigert, an einem Turnier zu Ehren der Regierung teilzunehmen. Der Fußballverband bietet derzeit spezielles Training für regimetreue Spieler an, um den Nachschub zu sichern.

Anteneh und seine Mitspieler sind nicht die ersten Nationalspieler, die im Ausland politisches Asyl suchen. In den letzten fünf Jahren haben über 20 Spieler das Land verlassen. Aber noch nie hat sich ein halbes Team abgesetzt.

Daß ihnen einige Journalisten nun unterstellen, sie seien „Wirtschaftsflüchtlinge“, kränkt die Fußballer schwer. Sie hätten zu Hause Sponsorengelder, Autos und Häuser. Natürlich würden sie sich jetzt auch über ein Angebot von einem europäischen Fußballclub freuen. Einer der Spieler: „Darauf wäre mein Vater, der mich zur Flucht ermuntert hat, besonders stolz.“ Michaela Namuth

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