: Klagen gegen Massenschlachtung
■ Allgäuer Bauern gegen BSE-Eilverordnung. Seehofer: Auch „alle Nachkommen töten“. Polen stoppt Import
Augsburg (taz) – Beim Verwaltungsgericht Augsburg sind gestern zwei Eilanträge von Ostallgäuer Bauern eingegangen. Die Landwirte wollen damit verhindern, daß ihre Rinder im Rahmen der Bonner Eilverordnung geschlachtet werden. Die trat ebenfalls gestern in Kraft und ordnet die Schlachtung von über 5.000 Rindern englischer und schweizerischer Abstammung an. Damit sollen fleischessende Verbraucher vor BSE geschützt werden.
Im Freistaat Bayern soll in den nächsten Wochen mit dem Töten von 2.370 Rindern begonnen werden. Genau dies wollen die zwei Allgäuer Bauern mit einer einstweiligen Verfügung verhindern. Die Landwirte haben selbst Tiere sowohl britischer als auch Schweizer Herkunft in ihren Ställen. Sie vertreten die Ansicht, daß die Tötung rechtswidrig sei. Dies gelte auch für die Verordnung selbst, die sich zu Unrecht auf das Tierseuchengesetz berufe. Ihre Tiere seien nicht an BSE erkrankt und auch nicht verdächtig im Sinne von Paragraph 24 Tierseuchengesetz. „Die Landwirte machen geltend, daß die Tötung sämtlicher Tiere nicht allein deshalb verlangt werden könne, weil in Norddeutschland ein einziger BSE-Fall aufgetreten sei“, erläutert Karlheinz Schendel, der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Augsburg. Nach wie vor sei der Fall, der die Verordnung ausgelöst habe, ungeklärt, argumentieren die Antragsteller. Der Erlaß dieser Verordnung sei ausschließlich auf politische Gründe zurückzuführen, nämlich auf „eine vermeintliche Notwendigkeit zur Beruhigung der Verbraucher“.
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) hat gestern sogar gefordert, auch alle Nachkommen von Importrindern aus der Schweiz und Großbritannien zu töten – unabhängig davon, ob das an BSE gestorbene Galloway- Rind aus Höxter in Deutschland geboren wurde oder nicht. Damit wären zusätzlich 14.000 Rinder betroffen. Am wichtigsten sei nicht die Kontrolle der Rinder, sondern die Unterbrechung der Infektionskette, sagte Seehofer.
Laut Stern variieren sogar grundsätzliche Zahlen über die beim Menschen auftretende Variante, die Creutzfeldt-Jakob- Krankheit, bei den verschiedenen Stellen in Deutschland zwischen 47 und „mehr als 70“ für das Jahr 1995.
Polen hat gestern den Import von Rindfleisch aus Deutschland gestoppt, wenn es von in Großbritannien oder in der Schweiz gekauften Tieren stammt. Das Importverbot gelte auch für Rindfleisch von Nachkommen solcher Mutterkühe, hieß es im polnischen Landwirtschaftsministerium. Den Angaben des Sprechers zufolge wurden bereits Tiermehllieferungen aus Deutschland wegen fehlender Bescheinigungen, daß das Produkt aus einem BSE-freien Land kommt, gestoppt. Laut dem deutschen Landwirtschaftsministerium importiert Polen keine lebenden Rinder aus Deutschland, sondern nur Tiermehl und Fleisch. Klaus Wittmann
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