: Empörung bei Bubis
■ Ignatz Bubis vom Zentralrat der Juden in Deutschland zum Sozialpapier von Unionspolitikern: "Stammtischvorlage"
Berlin (taz) – Mit scharfen Worten hat der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, die Forderung von Sozialpolitikern der Union nach einer Einwanderungsquote für jüdische Einwander kommentiert. „Das ist eine gute Vorlage für den Stammtisch“, erklärte Bubis gestern gegenüber der taz.
Das Papier, das vom CDU-Sozialpolitiker Julius Louven und zwei weiteren Unionsabgeordneten derzeit erarbeitet wird und aus dem Details am Wochenende bekanntgeworden waren, richtet sich in erster Linie gegen die Arbeitsmöglichkeiten für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten. Unter anderem wird darin auch eine zahlenmäßige Begrenzung für jüdische Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion verlangt, und zugleich soll die Einreise über Drittländer verboten werden.
Bubis warf den Unionspolitikern vor, ihre Überlegungen offenbar ohne Kenntnis der Praxis niedergeschrieben zu haben. Zur Drittstaatenregelung erklärte er, osteuropäische Juden, die etwa nach Israel ausgereist seien und nun in die Bundesrepublik übersiedeln wollten, erhielten ohnehin keine Aufenthaltsgenehmigung. Bubis wies darauf hin, daß es seit 1990 – dem Beginn der jüdischen Zuwanderung aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion – bereits eine indirekte Quotierung gebe. Von einer ungehinderten Einreise könne nicht die Rede sein. „Das liest sich gut, weil die wenigsten wissen, daß das alles Kappes ist“, so Bubis. Jüdische Emigranten, die in die Bundesrepublik wollten, müßten sich einem langwierigen Verfahren unterziehen. Wer derzeit an den Botschaften oder Konsulaten in der ehemaligen Sowjetunion einen Ausreiseantrag stelle, müsse bis zu zwei Jahre warten, bis der Antrag überhaupt angenommen und schließlich bearbeitet werde.
Jüdische Emigranten, die einen positiven Bescheid erhalten haben, werden über das Bundesverwaltungsamt den einzelnen Bundesländern zugewiesen, die sich wiederum auf Quoten festgelegt haben. Die Aufnahme osteuropäischer Juden war 1990 zwischen Bundeskanzler Kohl und dem damaligen Zentralratsvorsitzenden Heinz Galinski vereinbart worden. Einen förmlichen Vertrag gibt es darüber allerdings nicht. „Das kann jederzeit wieder gestoppt werden“, so Bubis.
In der Vergangenheit hatte es schon mehrfach Bemühungen gegeben, die jüdische Einwanderung restriktiver zu handhaben. Neben angeblich massenhaft gefälschten Urkunden könne auch nicht mehr von einer politischen oder religiösen Verfolgung ausgegangen werden, wurde etwa in einem Memorandum von hohen Beamten des Außenministeriums 1996 argumentiert. Das Papier gipfelte in der Überlegung, den Zuzug gänzlich zu stoppen. Die Gedankenspiele seiner Beamten hatte schließlich Bundesaußenminister Klaus Kinkel im Sommer 1996 höchstpersönlich beendet.
Der Vorsitzende des Fraktionsarbeitskreises Arbeit und Soziales, Julius Louven (CDU), versuchte gestern, die Wogen zu glätten. Das Papier, so erklärte er gegenüber der taz, sei lediglich ein Entwurf, an dem noch gearbeitet werde.
Nach der Osterpause werde das Papier, das Louven mit zwei weiteren Unionsabgeordneten zusammenstellt, dem Arbeitskreis und der Fraktion zugeleitet. Zum Inhalt des Papiers wollte sich Louven nicht weiter äußern, auch nicht über die Höhe einer möglichen Quote für jüdische Einwanderer. Severin Weiland
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