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■ Welt Weit GrönlingDie Welt als Werbespot

„...und wieder sind neue Sicherheitslücken beim Microsoft- Browser aufgetaucht. Außerdem: Enthüllen Sie am Bildschirm eine alte ägyptische Mumie. Ganz interaktiv, einfach mit der Maus. Wie, das erfahren Sie in wenigen Augenblicken – gleich nach der Werbung.“ Der Monitor wird langsam dunkel. Nur der Statuszeile am unteren Bildschirmrand ist zu entnehmen, daß im Hintergrund heftig Daten geschaufelt werden. Wenige Augenblicke später: „Willst du etwas Tolles? Null-hundertneunzich, drei-drei-eins, drei- drei-eins...“

Nein, das ist nicht das RTL- Nachtjournal. Es ist ein ganz normaler Browser in einem ganz normalen Internet. Und vermutlich würden die verführerischen Models auch keine Telefonnummer singen, sondern eine Web- Adresse (hatetepe, wehwehweh, Lonlie-Harz-Klob-de“) und am Bildschirm einen eindeutig geformten Button zeigen, damit man(n) auch wirklich nicht danebenklickt.

Ist das die Schreckensvision eines Internet-Veteranen, der schon immer vor der Kommerzialisierung gewarnt hat? Leider nicht. Es ist die „Weltpremiere eines neuen Online-Werbekonzepts“, ersonnen und ab April Realität bei germany.net, dem Online-Dienst der neuen RWE/ Veba-Telekommunikationsgesellschaft O.tel.o (http:// www.germany.net). Wer sich auf Werbeunterbrechungen einlassen möchte, bekommt einen kostenlosen, uneingeschränkten Internet-Zugang. Der war zwar bei Germany.net bislang auch schon umsonst zu haben, aber auf deutsche Server beschränkt. Nur zwei Stunden am Tag konnte man die große weite Welt beklicken. Das geht nun rund um die Uhr, dafür wird bei jedem Domain-Wechsel ein Werbeblock eingespielt. Darin sollen zwar auch aktuelle Nachrichten, Sportergebnisse und andere Informationen mit praktischem Nutzwert transportiert werden; was wie ein akzeptables Trostpflaster klingt, entpuppt sich aber bei näherer Betrachtung als Falle. Anders als beim Fernseher kann man nämlich nicht einfach auf einen anderen Kanal zappen: Alles kommt von diesem einen Server, wer den Kanal wechseln will, muß sich einen anderen Provider suchen.

Da es bekanntlich auch im Internet immer wieder Wunder gibt, freue ich mich auf den Tag, an dem ein pfiffiger Programmierer ein klitzekleines Filterchen bastelt, das sich in den Browser einklinkt und den Werbeblock einfach blockiert. Ich bin sicher, daß jemand das ganz schnell hinkriegt und als Freeware ins Netz stellt. Dieter Grönling

groenling@compuserve.com

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