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Griff nach Diamanten

Zaires Rebellen haben jetzt alle wichtigen Bergbaugebiete des Landes unter ihre Kontrolle gebracht  ■ Von François Misser

Brüssel (taz) – Die Rebellen der Allianz demokratischer Kräfte für die Befreiung von Kongo/Ex-Zaire (AFDL) haben das Herz der zairischen Wirtschaft unter ihre Kontrolle gebracht. Nach dem kampflosen Einmarsch in Mbuji-Mayi in der Provinz Ostkasai, der zweitgrößten Stadt Zaires und Zentrum der Diamantenproduktion, rückten sie gestern in Lubumbashi ein, Hauptstadt der Südprovinz Shaba, die einige der größten Kupfer- und Kobaltvorkommen der Welt enthält.

Mit der Einnahme von Mbuji- Mayi übernahm die AFDL das Hauptquartier der wichtigsten Diamantenfirma Zaires, der Minière du Bakwanga, die allein im letzten Jahr 6,5 Millionen Karat Industriediamanten im Wert von 75 Millionen Dollar exportierte. Bereits zu Jahresbeginn eroberte die AFDL die Gold- und Diamantenminen der Provinz Oberzaire im Nordosten des Landes.

Der Griff nach Zaires Bodenschätzen gehört zu den Zielen der Rebellen von Laurent-Désiré Kabila, seit sie im Oktober 1996 ihren Krieg gegen das Mobutu-Regime begannen – und spielt eine große Rolle bei den ausländischen Kontakten der AFDL. So ist zum Beispiel der 70jährige belgische Oberst a.D., Willy Mallants, der als Militärberater der Rebellen auftritt, zugleich Generaldirektor der Bergbaufirma Sozamiki (Société Minière Zairoise du Kivu). In dieser Funktion schloß er am 27. Mai 1991 einen Vertrag mit der Regierung Zaires ab, der ihm das exklusive Schürfrecht über eine 948.000 Hektar große Gold- und Diamantenförderzone in der Nähe von Lubutu, östlich von Kisangani, übertrug. Der Vertrag wurde am 27. Dezember 1991 in einem von Präsident Mobutu persönlich unterzeichneten Dekret bestätigt.

Ausländische Firmen stehen Schlange

Damals präsentierte sich Mallants noch als Mobutus Militärberater. Der Seitenwechsel des Belgiers hat vermutlich damit zu tun, daß er vermeiden wollte, nach Ende des Krieges auf der falschen Seite zu stehen. In seiner neuen Rolle als Anhänger Kabilas nahm Mallants im Februar auch Kontakt mit der Bergbauabteilung der US-Firma Marathon Oil auf sowie mit der US-kanadischen Barrick Gold, die eine Schürferlaubnis auf dem größten Teil des riesigen Göldförderareals Kilomoto im Nordosten Zaires besitzt.

Mit dem Siegeszug der AFDL rücken auch andere Bergbaufirmen in Zaire vor. AFDL-Wirtschaftsminister Mwanananga Mawapanga zufolge will das ghanaisch-südafrikanische Goldunternehmen Ashanti Gold in Kilomoto 25 Millionen Dollar investieren. Der größte Teilhaber von Ashanti Gold ist der südafrikanische Bergbauriese Anglo-American, der schon 1995 über eine Schweizer Tochterfirma Verhandlungen mit Zaires Regierung über eine Privatisierung der Bergbaufirmen von Shaba aufnahm.

Direkt jenseits der Westgrenze von Shaba und Kasai liegen die Diamantenfördergebiete von Lunda Norte in Angola, die von der Rebellenbewegung Unita unter Jonas Savimbi kontrolliert werden. Angolas Botschafter in den USA, General Antonio França, genannt „Ndalu“, bestätigte kürzlich, daß die angolanische Regierung zairische Exilanten – die sogenannten Katanga-Gendarmen – aus Angola über Ruanda zur Verstärkung der AFDL entsandt hat. Wenn die zairischen Rebellen Shaba erobern, ist die angolanische Unita – eng mit Zaires Präsident Mobutu liiert – somit völlig von Feinden umstellt.

Es ist vielleicht kein Zufall, daß Botschafter „Ndalu“ 1994 eine Wach- und Schließgesellschaft zum Schutz von Diamantenminen gründete. Es ist vielleicht auch kein Zufall, daß Ruandas Armee – eng liiert mit Zaires Rebellen – militärisch von der US-Firma Military Professional Resources Inc. beraten wird, die in Ruanda 100 US- Berater stationiert hat und kürzlich einen ähnlichen Beratervertrag mit Angolas Regierung abschloß. Das Angola-Geschäft fädelte Herman Cohen ein, ehemaliger Afrika-Staatssekretär im US- Außenministerium, der dafür verantwortlich war, daß die USA 1991 Angolas Unita fallenließen. Cohen, heute Lobbyist für Angola in Washington, lobt auch in höchsten Tönen die zairischen Rebellen.

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