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Koalition unter Druck

■ Vor dem Steuergipfel hat die SPD gute Karten

Heute findet der dritte Steuergipfel statt – und die SPD hat mehr denn je das Heft in der Hand. Vor kurzem konnte die Koalition mit ihrem scheinbar ausgeklügelten Reformkonzept sie noch als Blockadepartei in die Bredouille bringen – nun stellt die SPD die Bedingungen. Lafontaines Forderungskatalog, von der Erhöhung des Kindergeldes bis zur Senkung der Lohnnebenkosten, bekommt immer mehr Gewicht.

Die SPD befindet sich in einer komfortablen Lage. Sie ist, wahltaktisch, weniger auf das Gelingen einer Steuerreform angewiesen als die Koalition. Ohne ein gelungenes Reformwerk wird sich diese kaum aus ihrem demoskopischen Tief befreien können. Kohl sieht die Steuerreform als große Chance, um die Arbeitslosigkeit zu senken, das Haushaltsloch zu stopfen und die Euro- Kriterien zu meistern. Geht die Reform schief, wird die Regierung gewiß der SPD den Schwarzen Peter zuzuschieben. Doch für den Wähler wird letztlich der Zustand des Landes 1998 ausschlaggebend sein. Und für den ist nun mal die Regierung verantwortlich. Sollten die Wähler die Zukunft am Wahltag eher optimistisch beurteilen, werden sie ihr Kreuz nach dem Motto machen: „Weiter so“. Wenn nicht, wird die Stimmungslage überwiegen: „Mit der SPD kann es nur besser werden.“

Die Koalition macht sich etwas vor, wenn sie glaubt, die SPD durch ein Gesetzgebungsvorhaben unter Druck setzen zu können. Denn sie hofft auf ein Einknicken der SPD-regierten Länder im Vermittlungsausschuß wie 1992, als der brandenburgische Ministerpräsident Stolpe gegen die Parteilinie für eine Mehrwertsteuererhöhung stimmte. Doch diesmal wird die Rechnung nicht aufgehen. Zum einen wird Waigel den Ministerpräsidenten die Deckungslücke von 56 Milliarden Mark kaum schmackhaft machen können. Zum anderen hat SPD-Chef Lafontaine seine Partei zu eindrucksvoller Geschlossenheit geformt. Etliche Ministerpräsidenten sind zwar in Sachfragen wie Spitzensteuersatz oder Besteuerung der Schichtarbeit anderer Meinung als Lafontaine, halten sich aber mit offenem Widerstand in erstaunlicher Weise zurück. Lafontaine hat die Ministerpräsidenten darauf getrimmt, den Machtwechsel 1998 als oberstes Ziel zu erkennen. Dem werden sie fast alles andere unterordnen.

Markus Franz Berichte Seiten 4 und 7

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