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Mensamode: Jeans vom Hintern an abwärts

■ StudentInnen lieben den Hosenstoff, weil er so schön unkompliziert ist. Dazu das Sweatshirt für den Rest. In manchen Fachbereichen geht's auch schriller zu. Ein Modebummel durch die Uni

Wenn es ums Essen geht, sind an der Uni alle StudentInnen gleich: Schlange stehen für das Stammenü eins bis vier, danach nochmaliges Warten an der Kasse. Spätestens beim Abbuchen der Summe von der Chipkarte sind Kohlroulade oder Sellerieschnitzel merklich abgekühlt. Vorteil beim Anstehen: Die Studierenden können sich in aller Ruhe mustern. Ein netter Zeitvertreib ist das Zuordnen der Klamotten zum Fachbereich.

Blaues Polohemd, blaue Jeans, blaue Sportschuhe? Wahrscheinlich ist der Vordermann ein angehender Mediziner. Die Frau drei Tabletts weiter in schwarzen Schlaghosen und enger Kostümjacke, verziert mit reichlich echtem Schmuck, wird wohl eine angehende Lehrerin sein. Vielleicht Deutsch und Geschichte. Wer sichergehen will, tippt der Person auf die Schulter. Doch Vorsicht, niemand möchte aufgrund seiner Mode in eine Schublade gesteckt werden. Besser ist es, der betreffenden Person unauffällig zu folgen, um der Wahrhaftigkeit der Vermutung auf den Grund zu gehen.

Sicher, wie im wirklichen Leben ist Mode an der Uni Ausdruck eines Lebensgefühls. Der Alt-68iger im 66. Semester beispielsweise, trägt seinen verfilzten Bart noch genauso wie zu Zeiten Rudi Dutschkes. Aus ihm wird kein Karrieremensch mehr werden. Also bleibt der Stoff, der den Körper verhüllt, genauso unangepaßt wie der Geist – Flicken auf der Jeans als Zeichen der inneren Emigration.

Wer blutjung im Aktenköfferchen die Alma mater betritt, hat dagegen nur eines im Kopf: nur nicht den Anschluß verpassen, Karriere machen, koste es, was es wolle. Und da wird auch am Outfit nicht gegeizt. Aufstiegsbemühte Jura- oder BetriebswirtschaftsstudentInnen investieren gerne in gebügelte Joop-Jeans, Marc'o-Polo- Hemden und Boss-Trenchcoats. Damit die lieben ProfessorInnen auch sehen, wie ernst es ihnen ist. Bis auf die Ausnahmen, versteht sich.

Das gilt auch für die Kreativniks an der Hochschule der Künste. Während dort die angehenden MusikerInnen überwiegend schwarz gekleidet in den ehrwürdigen Übungssälen fiedeln und klimpern, kann es bei den KunststudentInnen gar nicht schrill genug zugehen. Besonders die weiblichen Wesen neigen durch gewagte Kombinationen und auffällige Schmuckkollektionen dazu, Trends zu setzen. Eine Kunst, die vor allem durch das schmale Budget der Studentinnen hervorgerufen wird. Denn wer wenig Geld für Mode hat, sucht sie sich auf dem günstigsten Wege zusammen. Stundenlange Bummel durch Secondhand- Geschäfte werden nur von der Jagd auf Schnäppchen unterbrochen, die – ein Tip – vor allem im KaDeWe und anderen exquisiten Adressen erfolgreich ist. Daß so mancher Trend an der Uni entsteht, liegt wohl vor allem an dem Bedürfnis, aus der Masse hervorzustechen. Wer zusammen mit zweihundert Nasen im Seminarraum zusammengepfercht wird, fühlt sich schnell seiner Individualität beraubt. Da müssen dann wenigstens die grellorangefarbene Weste oder der grüngefärbte Haarschopf persönliche Akzente setzen.

Wem sein Wirken egal ist, schert sich um Mode nicht mehr als nötig. Jeans verpacken dann in der Regel den Körper vom Hintern an abwärts, das Sweatshirt den Rest. Das ist immer noch bewährter Standard an der Uni. Schon weil es so schön unkompliziert ist. Und dem Wartenden in der Mensa wird wieder einmal klar, daß Levi Strauss mit der Jeans keine Hose, sondern eine Uniform geschaffen hat. Christine Berger

Preiswert shoppen läßt sich nicht nur auf dem Flohmarkt. Doch in einer der zahlreichen Humana-Filialen kann man günstige Sachen erstehen. Die Secondhand-Kette stiftet einen Teil des Umsatzes einem guten Zweck. Wer mehr auf schrilles Outfit steht, wird im Wahnsinn fündig, einem Secondhand-Laden am Hackeschen Markt. Dort decken sich Schlagersternchen und Trend-Fuzzis gleichermaßen ein. Gut sind auch die Angebote direkt beim Hersteller. Auch Berlin hat schließlich Couture-Firmen. Adressen im Branchenbuch.

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